Thüringische Landeszeitung (Jena)

Banken planen höhere Gebühren

Geldinstit­ute suchen Auswege aus der Zinsfalle – Auch das Abheben an Automaten könnte kostenpfli­chtig werden

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT/MAIN. Der Ärger ist meistens groß. Wer als Sparkassen­kunde bei einer Privatbank Geld am Automaten abhebt, muss für den Service in der Regel bis zu fünf Euro bezahlen. Das gleiche gilt umgekehrt für Bankkunden bei Sparkassen. Jedes Institut verlangt einen eigenen Gebührensa­tz. Die Prozedur ist bislang lediglich bei Geldautoma­ten des eigenen Instituts kostenlos, bei dem der Verbrauche­r auch sein Girokonto besitzt. Noch. Denn auch diese langjährig eingeübte Praxis könnte sich ändern.

Der Bankenverb­and rechnet aufgrund des anhaltende­n Zinstiefs in der Euro-Region mit Gebührener­höhungen für die Kunden auf breiter Front. „Bankdienst­leistungen sind nicht kostenlos. Es wird eine Bewegung hin zu einer stärkeren Bepreisung geben“, kündigte der Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­andes deutscher Banken (BdB), Michael Kemmer, am Montag bei einem Treffen der Branche an. „Es gibt keine Obergrenze für Gebühren, letztlich regelt das der Markt.“Allerdings geht Kemmer davon aus, dass angesichts des extrem harten Wettbewerb­s in Deutschlan­d, die Gebühren nicht in den Himmel wachsen. Konkrete Pläne für Erhöhungen wurden nicht vorgelegt. Dies müsse jedes Institut für sich entscheide­n.

„In zwei Jahren werden einige Banken für die Barabhebun­g am Geldautoma­ten Gebühren nehmen“, ist unterdesse­n Dirk Schiereck, Professor für Unternehme­nsfinanzie­rung an der Technische­n Universitä­t Darmstadt, überzeugt. „Ein Geldautoma­t in einem Einkaufsze­ntrum etwa kostet 300 bis 350 Euro Miete“, rechnet der Finanzexpe­rte vor. Hinzu kämen Kosten für die Befüllung, Wartung, Reinigung und Versicheru­ng. Schon heute gibt es einige Institute, die von ihren Hauskunden Gebühren für das Geldabhebe­n verlangen, hat die FMH Finanzbera­tung herausgefu­nden. So verlange etwa die Sparkasse Chemnitz für zwei Kontomodel­le ab der vierten Bargeldabh­ebung im Monat 30 Cent am Automaten. Am Schalter koste eine Abhebung bei dem Institut sogar 2,50 Euro vom zweiten Mal an. Die Aachener Bank berechne das Geldabhebe­n am Automaten mit 40 Cent, Einzahlung­en kosten 2,50 Euro. „Einer fängt an, die anderen ziehen nach“, meint Max Herbst, Inhaber der FMH Finanzbera­tung: „Um ihre Renditen zu steigern, lassen Banken ihre Kunden inzwischen für jede Kleinigkei­t bezahlen.“

Bisher wurde das Betreiben von Geldautoma­ten quersubven­tioniert – und zwar aus den Zinseinnah­men. Seitdem die Zinsen von der Europäisch­en Zentralban­k jedoch auf null Prozent gesenkt wurden und die Banken für das Parken von Geld bei der Notenbank sogar Gebühren bezahlen müssen, fehlen den Geldhäuser­n diese Einnahmen. „Die Erträge sind unter Druck“, meint Kemmer. Es sei Sache der einzelnen Institute, ob sie solche Gebühren erheben, in welcher Höhe und für welche Dienstleis­tung.

„Wenn einem örtlichen Bankmanage­r nichts anderes übrig bleibt, als die Gebühren zu erhöhen, damit er profitabel wirtschaft­en kann, dann ist das je nach Wettbewerb­ssituation der richtige Weg“, sagt ein Sprecher des Bundesverb­andes der Volksund Raiffeisen­banken (BVR). „Alles ist möglich“, hört man in der Branche. Georg Fahrenscho­n, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverban­des, hatte vor Monaten schon prognostiz­iert, die Zeit des kostenlose­n Girokontos sei vorbei. Dieser Ansicht ist auch Felix Hufeld, Präsident der Bundesfina­nzdienstle­istungsauf­sicht (BaFin), der die Ertragslag­e der Geldhäuser im Blick hat.

Noch lotet die Branche aber offenbar aus, welche Gebühren sie ihren Kunden zumuten kann. Das beginnt bei komplexen Modellen für die Kontoführu­ng. Die Institute bieten je nach Kundengrup­pe einige noch kostenfrei an, während andere schon mit erhebliche­n Gebühren verbunden sind, sei es für Überweisun­gen oder Dauerauftr­äge oder auch für die Ausgabe von Giro- oder Kreditkart­en.

„Cash für Bares“– das könnte auch andere Konsequenz­en haben: Bargeld würde so weiter zurückgedr­ängt. So sind die skandinavi­schen Länder in dieser Hinsicht weit fortgeschr­itten, dort werden auch Kleinstbet­räge beim Bäcker oder am Fahrkarten­automaten elektronis­ch bezahlt: „In Oslo kann man bei der Hälfte der Bankfilial­en gar kein Bargeld mehr abheben“, weiß Schiereck. Die Deutschen zahlen gern bar, von Münze und Schein wollen sich viele nicht verabschie­den. Diesem Bedürfnis kommt eine Volksbank in Emmerich-Rees nach: Dort müssen „normale“Kunden, anders als die langjährig­en, seit dem 1. März 38 Cent zahlen, wenn sie an der Ladenkasse ihre Bankkarte zücken.

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Noch können Kunden bei ihrer Hausbank in der Regel kostenlos Geld abheben – doch dies könnte sich ändern Foto: imago/Teutopress

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