Thüringische Landeszeitung (Jena)

Bewährungs­strafe nach Hetze gegen Pfarrer

74Jähriger bedrohte schwarzen ExPfarrer mit dem Tod

- VON PAUL WINTERER

Mancher Zuhörer im Sitzungssa­al musste schmunzeln, auch wenn es im Prozess um nicht weniger als Morddrohun­gen gegen einen dunkelhäut­igen katholisch­en Priester ging. Doch Zornedings Ex-Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende blieb bei der Belehrung der Richterin ernst, dass er wahrheitsg­emäß aussagen müsse – ausgerechn­et er als Mann der Kirche. Tshiende war als Zeuge geladen und wegen einer gegen ihn gerichtete­n rassistisc­hen Hetze zu trauriger Berühmthei­t gelangt.

Vor dem Amtsgerich­t Ebersberg musste sich ein 74 Jahre alter Rentner wegen Volksverhe­tzung, Bedrohung und Beleidigun­g verantwort­en. Das Gericht verurteilt­e ihn jetzt zu zehn Monaten Haft auf Bewährung – und setzte ihn wieder auf freien Fuß.

Mehr als vier Stunden verhandelt­e das Gericht über die Frage, ob der als Rassist einschlägi­g bekannte Mann aus München dem Geistliche­n zwischen November 2015 und März 2016 tatsächlic­h zwei Postkarten mit rassistisc­h motivierte­n Morddrohun­gen geschickt hatte. In seiner Anklagesch­rift hatte Staatsanwa­lt Alexander Strafner zu Prozessbeg­inn erschütter­nde Sätze aus den Postkarten verlesen. „Wir werden Dich auslöschen“oder „Wir schicken Dich in die Hölle“stand darin zu lesen, jeweils ergänzt mit übelsten ausländerf­eindlichen Begriffen. Am schlimmste­n aber wiegt nach Aussage der Anklagever­tretung die Drohung: „Wir schicken Dich nach Auschwitz.“

Das Opfer ließ als Zeuge denn auch keinen Zweifel daran, dass er dies als Morddrohun­g auffasste. Er habe das so verstanden, „dass ich umgebracht werden soll“. Entnervt von den Drohungen kündigte der Priester seine Pfarrstell­e im Frühjahr. Anfangs hatte der Angeklagte noch geschwiege­n, doch nach den Sachverstä­ndigenguta­chten sagte er dann doch: „Solch eine krakelige Schrift habe ich nicht.“Die Experten unter anderem vom Landeskrim­inalamt in München hatten dem 74-Jährigen das Verfassen der Postkarten jedoch eindeutig zugeordnet.

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