Thüringische Landeszeitung (Jena)
Kita nahe der Nazi-Route: Eltern sind besorgt
Versammlungsbehörde verweist auf KindergartenÖffnung am Bibliotheksweg bis 17 Uhr und Umzugsstart um 18 Uhr
„Natürlich stehen wir hinter allen, die fordern: Nicht an solch einem Tag solch eine Demo!“, sagt Wolfgang GrünebergLemke. Doch setzt er ein dickes Aber: Der Vorsitzende des Fördervereins der Kindertagesstätte „Janusz Korczak“erinnert daran, dass sich die Einrichtung am Bibliotheksweg während der unter „Thügida“-Flagge für den 9. November angemeldeten Nazi-Demo „im Auge des Orkans“befinden würde.
„So fühlen wir uns.“Das hätten die Nazi-Demo und die Gegen-Demo im August gezeigt, als ebenfalls das Damenviertel der Thügida als Marschgebiet zugewiesen worden war.
Via Zwätzengasse und dortige Höfe hätten im August zum Teil vermummte Demonstranten Zäune und Mauern des Kindergartens erreicht und dann überwunden, um in das „Ballungsgebiet“des Geschehens am SüdEnde der Sophienstraße zu gelangen, sagt Grüneberg-Lemke. Und so seien dann gar bewaffnete Polizisten im Garten der Kindertagesstätte aufmarschiert. „Also als Letztes deshalb ein Vorwurf an die Polizei!“Es sei doch bekannt, dass die fernab der Thügida-Route zugewiesenen Orte für Gegendemonstrationen „völlig Theorie“seien. Dass sich Eltern der 135 Kinder wegen solcher Anblicke Sorgen um die Psyche ihrer Kleinen machen, dürfe man ihnen doch wohl nicht verargen, sagt Grüneberg-Lemke.
Auch findet er die Brief-Antwort aus der Stadtverwaltung merkwürdig, dass die Mädchen und Jungen auf diese Weise mit den Spielarten der Demokratie vertraut gemacht würden. „Das ist eine fragwürdige Argumentation – vor allem wenn man an die ganz Kleinen im Kindergarten denkt.“
Der Elternbeirat habe den Familien empfohlen, die Kinder möglichst bis mittags an diesem Tag abzuholen, „dahingestellt, wie die Eltern mit ihrem Arbeitgeber klarkommen“. Konflikte und Tumulte würden erfahrungsgemäß nicht erst mit dem offiziellen Demo-Beginn aufflammen. – Für Grüneberg-Lemke hat die Verwaltung „zu sehr negiert, wie viele Probleme die Situation Eltern bereiten kann“.
Müsse man bei der RoutenAusweisung also nicht eine Rangfolge einkalkulieren? „Für Handel und Gewerbe ist das blöd, für den Verkehr auch – alles richtig. Aber verflucht noch mal, hier geht es um Kinder.“
Martin Pfeiffer als RechtsFachbereichsleiter und Chef der Versammlungsbehörde schätzte gestern die Situation so ein: „Das seelische Heil der Kinder ist nicht gefährdet.“Bis 17 sei die kommunale Kindertagesstätte geöffnet, und um 18 Uhr beginne offiziell die Demo in Höhe Saalbahnhof. Von der Saalbahnhofstraße her bestehe bis zum Zeitpunkt der Schließung des Kindergartens ein östlicher Zugang für die Eltern.