Thüringische Landeszeitung (Jena)
Zurück zu den Wurzeln
Mit Klassikern auf dem Tisch und HighTech in der Küche will das junge Team im „Helenenstein“seine Gäste bewirten
ROTHENSTEIN. Wenn man den älteren Leuten in Rothenstein und Oelknitz genau zuhört, dann kommt man ins Staunen. Die Einwohner der beiden Dörfer müssen früher ein feier- und trinkfreudiges Völkchen gewesen sein. Nicht nur im „Ratskeller“und in der „Erholung“trafen sie sich beim Bier in geselliger Runde oder zum Tanz, sie konnten zwischen sechs bis acht Lokalen wählen.
Doch das ist lange Geschichte. Seit vor geraumer Zeit die Wirtsleute der Gaststätte „Zur Erholung“aus Altersgründen das Lokal schlossen, war der „Helenenstein“am Sportplatz die einzige gastliche Stätte im Ort. Und obwohl die jungen Pächter Marcel Appel und Jennifer Berendes mit viel Enthusiasmus an den Start gegangen waren und Schützenhilfe von Sternekoch Frank Rosin bekamen, konnten sie die Rothensteiner nicht so recht von ihrem gastronomischen Konzept überzeugen. Deshalb baten die beiden die Gemeinde in diesem Jahr um Auflösung des Pachtvertrages. Sie wollen in Jena einen Neuanfang wagen. Doch die Rothensteiner hätten damit, was die gastronomische Versorgung anging, buchstäblich auf dem Trockenen gesessen.
Chemie zwischen Nachbarn muss stimmen
Deshalb hatte die Gemeinde sich schnell um eine Neuausschreibung des Lokals gekümmert und auch zügig eine Entscheidung getroffen, welcher der Bewerber den Zuschlag bekommen sollte. Auch der Sportverein SV 08 Rothenstein war in die Entscheidung einbezogen. Da die Gaststätte direkt auf dem Sportplatz angesiedelt ist, sollte die Chemie zwischen Gaststättenbetreibern und den sportlichen Nachbarn schon stimmen, benennt Bürgermeister Matthias Kühne eine Erfahrung, die die Rothensteiner in der Vergangenheit machten.
Der 30-jährige Daniel Haut und der 27-jährige Michael Scherkus, die die neuen Pächter der Gaststätte „Helenenstein“sind, zeigen sich da ziemlich optimistisch. „Schließlich sind wir beide Fußballer, haben nicht nur als kleine Jungs gekickt“, sagt der aus Leipzig stammende Daniel Haut. „Deshalb wissen wir auch, wie Sportler ticken und was sie gern essen“, ergänzt der gebürtige Weimarer Michael Scherkus.
Seit Jahren eingespieltes Team am Herd
Und was das Essen beziehungsweise das Kochen desselben angeht, sind die beiden ein gut eingespieltes Team. Sie haben in den vergangenen Jahren schon gemeinsam Verantwortung für die Küche der Braugaststätte „Papiermühle“in Jena getragen, Daniel als Küchenchef und Michael als sein Stellvertreter. Beide favorisieren die Thüringer Küche, auch wenn Daniel schon mehrfach Erfahrungen auf dem internationalen Küchenparkett gesammelt hat, unter anderem in Davos, dem schweizerischen Nobel-Urlaubsort. Dort hatte der junge Mann vor acht Jahren auch Sindy kennengelernt, die seit einem Jahr seine Frau ist und nun die Dritte im Team vom „Helenenstein“.
Die 30-Jährige hat unter anderem im Ringberghotel in Suhl und in der „Papiermühle“mehrjährige Erfahrungen als Restaurantleiterin gesammelt. Im „Helenenstein“will sie den Service übernehmen und im Hintergrund die Organisationsfäden ziehen.
„Als wir von der Ausschreibung des ‚Helenensteins‘ erfuhren, haben wir sofort ein Konzept geschrieben und uns beworben. Eine Gaststätte so zu führen, wie es unseren Vorstellungen entspricht, ist eben doch am ehesten im eigenen Unternehmen möglich“, erklärt sie.
Dennoch ist das ganze auch ein bisschen Abenteuer für die drei jungen Leute, denn sie mussten ohne Existenzgründerunterstützung etwa von der Aufbaubank auskommen – Unternehmensgründer in der Gastronomie bekommen auch kaum Kredite von Banken. Investiert haben sie dennoch 50 000 Euro für Umbau, Renovierung und komplette Neuausstattung des Lokals. Aber „die ganze Familie steht hinter uns“, sagt Sindy. Und das nicht nur ideell, sondern mit vielen helfenden Händen, denn ihr Elternhaus steht schließlich in Rothenstein. „Ich habe als Kind selbst hier auf der Bühne am Sportlerheim gestanden, wir haben hier viele Feste gefeiert und ich erinnere mich noch an das große Hammelessen, zu dem ganz Rothenstein gekommen ist“, erzählt die junge Frau.
Das Hammelessen im November soll es im „Helenenstein“auf jeden Fall wieder geben, die Hammel dafür kommen von der Schäferei Keuler aus Altendorf, sagt Michael Scherkus, der im Küchenteam der Mann fürs Fleisch ist. Daniel Hauts Spezialitäten liegen in der kalten Küche und bei den süßen Nachtischen.
„Klassische Thüringer Gerichte wollen wir den Gästen servieren, alles kommt von Erzeugern aus der Region, Rind aus Oberweißbach, Geflügel aus dem Gönnatal, Fisch aus Schkölen, das Gemüse von einem Altenburger Händler und die Backwaren von der Bäckerei Rose aus Kahla“, zählt er einige Lieferanten auf, deren Erzeugnisse die Gäste künftig im „Helenenstein“auf dem Teller finden werden.
Freitag Wiedereröffnung im „Helenenstein“
Erste Gelegenheit, Kostproben davon zu nehmen, gibt es an diesem Freitag. Weil nun mal der 11.11. ist, werden ab 11.11 Uhr die Türen zum Lokal wieder geöffnet, es gibt ein Buffet voller Miniatur-Kostbarkeiten und Spezialitäten vom Rost – nicht umsonst ist Daniel Haut mit Preisen von der Deutschen Grillmeisterschaft zurückgekommen.
„Der hausgebackene Kuchen für die Kaffeetafel kommt nicht nur an diesem Tag von Tante Klara, die ihr halbes Leben im Lobedaer Kulturhaus beschäftigt war“, erzählt Sindy Haut. Die Rothensteiner Kinder werden am Nachmittag mit ihrem Martinsfest-Lampionumzug von der Kirche bis zum Helenenstein laufen, wo die Freiwillige Feuerwehr zum Abschluss ein Lagerfeuer entzünden wird. „Unser ‚Helenenstein‘ soll wieder ein attraktiver Anziehungspunkt für das ganze Dorf werden“, sagt die junge Frau.