Thüringische Landeszeitung (Jena)
Mann der Projekte
Bundestrainer Sigurdsson vor dem Absprung
Die Begleitmusik klingt nicht zuversichtlich. Sie klingt wie immer in solchen Fällen. Es sind die üblichen, halbherzigen Erklärungen, mit denen sowohl Bob Hanning als auch Dagur Sigurdsson selbst die Wechselgerüchte kommentieren. Dass noch nichts entschieden sei, heißt übersetzt: alles ist klar, wir sagen es nur noch nicht.
Mit ziemlicher Sicherheit also wird der Handball-Bundestrainer nach der WM seinen Job aufgeben und in gleicher Mission für Japan tätig werden. Dass er seine Zukunft im Land des Lächelns sieht, ist für ihn eine Herzensangelegenheit. Hier spielte er einst selbst, hier soll er ein Team für die Spiele in Tokio aufbauen.
Die Personalie ist Beleg dafür, dass ein erfolgreicher Job im Mutterland des Handballs noch immer das beste Bewerbungsschreiben ist. Erst recht, wenn die Bilanz von EMGold und Olympia-Bronze gekrönt wird. Für den DHB ist die Trennung bedauerlich, denn der 43Jährige besaß als Nachfolger des glücklosen Martin Heuberger das Zeug, ähnlich wie einst Vlado Stenzel oder Heiner Brand eine Ära zu prägen. Doch das Taktik-Genie Sigurdsson reizen keine Traditionslinien. Er denkt, wie Guardiola auch, in überschaubaren Projekten.
In gerade einmal zwei Jahren hat es der Isländer geschafft, dem deutschen Handball eine frische Spielergeneration und eine neue Identität zu geben.
Er hinterlässt also ein bestelltes Feld. Darauf lässt sich aufbauen.