Thüringische Landeszeitung (Jena)
„Die Katze beißt sich in den Schwanz“
Probleme bei Anerkennung von Abschlüssen
ERFURT. Spätestens seit sich die Beschwerden häuften, wusste Thüringens Bürgerbeauftragter Kurt Herzberg, dass etwas gehörig schief lief bei der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse. Vor allem betroffen offensichtlich: akademische Heilberufe und Sozialberufe.
Da war beispielsweise eine Horterzieherin aus Finnland, die beim zuständigen Landesverwaltungsamt die Anerkennung ihres Abschlusses beantragte, um in Thüringen arbeiten zu können. Trotz vollständiger Unterlagen dauerte das Prozedere mehr als zwei Jahre. Das Landesverwaltungsamt verwies dabei auf die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen. Die Bonner Behörde argumentierte dagegen und ließ wissen, das Weimarer Amt sei Herr des Genehmigungsverfahrens.
Entnervt wandte sich die Finnin schließlich an den Bürgerbeauftragten. Die Worte der jungen Frau haben sich bei ihm derart eingeprägt, dass sie es bis in seinen Jahresbericht schafften: „In zwei Jahren lernt ein kleiner Mensch laufen und reden – das sind richtig große und wichtige Dinge. Nur die großen Menschen schaffen es nicht, einfache Entscheidungen zu treffen.“
Herzberg konnte schließlich helfen, aber er sah weiteren Bedarf und rief einen Beirat ins Leben, der unter seiner Leitung mit Vertretern des Landesverwaltungsamtes und des Netzwerks „Integration durch Qualifizierung“besetzt ist. Was damals abgelaufen sei, „war mit Zweifeln am rechtsstaatlichen Verfahren verbunden“, sagt Herzberg. Extrem lange und kaum transparente Prozesse hätten zu Frust und Enttäuschung geführt.
Dass an dieser Stelle noch einiges im Argen liegt, weiß auch Dana Wunderlich. „Wir begleiten die Umsetzung des Anerkennungsgesetzes in den Ländern, das 2012 in Kraft getreten ist“, sagt die Teamkoordinatorin, die sich beim IQ-Netzwerk um akademische Heil- und Gesundheitsfachberufe kümmert. Denn trotz des Anerkennungsgesetzes habe es in Thüringen die sogenannte Gleichwertigkeitsprüfung für die Anerkennung von Berufen aus Staaten, die nicht der EU angehören, bislang nicht gegeben.
Deshalb mussten ausländische Ärzte aus Drittstaaten oftmals auf eine auf zwei Jahre befristete Berufserlaubnis ausweichen. Aber auch dabei war die Antragsphase schwierig. Inzwischen hat der Beirat nach vier Sitzungen in diesem Jahr erreicht, dass die Antragsformulare des Landesverwaltungsamtes überarbeitet wurden. Gestrichen wurde unter anderem der Nachweis eines Arbeitgebers, denn der ließ sich erst vorweisen, wenn es eine Berufserlaubnis gab. „So dass sich die Katze hier in den Schwanz gebissen hat“, so Herzberg. In den Antrag eingefügt wurde der Nachweis einer abgeschlossenen Spezialisierung. Das Sprachzertifikat – einst Voraussetzung – kann jetzt im Laufe der Bearbeitung des Antrags nachgereicht werden.
Herzberg: Ein Baustein im Mosaik der Integration
Herzberg nennt das Ganze einen Baustein im Mosaik der Integration. Gerade im vergangenen Jahr mit der extrem gestiegenen Zahl asylsuchender Menschen im Freistaat seien die Herausforderungen auf diesem Gebiet besonders zu Tage getreten.
„Wir sehen einen Anstieg an Geflüchteten in den Beratungsstellen“, berichtet auch Wunderlich vom IQ-Netzwerk, das in Jena, Gera, Erfurt, Mühlhausen und Meiningen fünf Außenstellen betreibt.
Der Präsident des Landesverwaltungsamtes, Frank Roßner, sieht durch die Beiratsarbeit die künftige Abwicklung der Anträge ebenfalls auf einem guten Weg. Nur bei der Einschätzung derjenigen, die in den vergangenen Jahren im Durchschnitt etwa 300 Anträge stellten, ist er anderer Auffassung. „Die Masse sind keine Flüchtlinge. Es handelt sich um gezielte Zuwanderung“, so Roßner.