Thüringische Landeszeitung (Jena)
Eine Randnotiz der Geschichte
WEIMAR. Wo hast du von der Maueröffnung erfahren? Das ist die Frage, die immer wieder die Runde machen. Jedenfalls unter denen, die heute über 40 sind und damals in der DDR lebten. Der 9. November 1989 ist ein beinahe magisches Datum.
Manche haben Günter Schabowski um 19 Uhr in der „Aktuellen Kamera“gesehen, als er stotternd die neuen Reisebestimmungen vortrug – und sie wussten gleich, dass jetzt Epochales passiert. Andere gingen früh zu Bett oder sahen jedenfalls nicht fern – und erfuhren erst am 10. November vom Mauerfall.
Ganz anders war es bei Bernd Lange. Der Schauspieler berichtet davon in Kurzfassung in dem aktuellen DNT-Stück „Rocco und seine Brüder“. Die TLZ ist der Frage nachgegangen, ob das, was Lange auf der Bühne zum Heimatgefühl erzählt, so auch im richtigen Leben passiert ist.
Ja: Der Weimarer Schauspieler wird den 9. November 1989 als den Tag erinnern, an dem glückliche Umstände sein Leben retteten – auf einem Schiff, das beinahe untergegangen wäre nach einer Havarie.
Am 10. November 1989 titelt nicht nur die Bildzeitung groß, was in Berlin in der Nacht geschah. Das Schiffsunglück ist für die Medien in diesem Moment nur eine Randnotiz. Und so wird es die nächsten Jahrzehnte bleiben. Erst jetzt – im Herbst 2016 – erfahren viele von dem, was Bernd Lange damals widerfahren ist.
Die M/S Hamburg konnte nach dem Unglück übrigens in der Werft von Blohm & Voss repariert werden, und trat danach wieder die gewohnte Fährroute an. Am 21. Mai 1997 wurde sie in Admiral of Scandinavia umgetauft. Später wurde das Schiff unter dem Namen Caribbean Express auf Karibikrouten eingesetzt – und zu Beginn dieses Jahrzehnts verschrottet. 35 Jahre war es auf See.
Wenn Bernd Lange in einer Runde sitzt, in der nach Erinnerungen an den 9. November 1989 gefragt wird, erzählt er seine Geschichte immer erst zum Schluss. So unglaublich ist sie.