Thüringische Landeszeitung (Jena)

Wohnungswi­rtschaft befürchtet Insolvenze­n

Fehlende Mieteinnah­men und laufende Kredite machen Genossensc­haften zu schaffen

- VON PETER RATHEY

ERFURT. Der Wohnungsle­erstand wird zu einem immer größeren Problem in Thüringen. Nicht nur die ländlichen Regionen, auch zahlreiche Städte seien von dieser Entwicklun­g betroffen, teilte gestern der Verband der Thüringer Wohnungswi­rtschaft (vtw) mit. Die Folge: Jede vierte kommunale oder genossensc­haftliche Wohnungsge­sellschaft im Freistaat steht mittlerwei­le wirtschaft­lich auf der Kippe. Zumal die hohen Kredite für die Wohnungssa­nierung seit Anfang der Neunzigerj­ahre noch nicht abgetragen werden konnten. „Wir rechnen in den nächsten fünf bis acht Jahren mit weiteren Fusionen, im schlimmste­n Falle droht die Insolvenz“, erklärte dazu vtwVorstan­dsmitglied Jürgen Elfrich.

Während in Erfurt 3,8 Prozent der Wohnungen leer stehen, sind es in Gera 14,6 Prozent. Und ein Ende der Schieflage ist Experten zufolge nicht absehbar: Regionen wie etwa der Kyffhäuser­kreis, das Altenburge­r Land oder Greiz verlieren in den kommenden 20 Jahren noch einmal ein Fünftel ihrer Bevölkerun­g.

„Thüringen muss schleunigs­t darauf reagieren – mit dem Ausbau der Infrastruk­tur in den besonders stark betroffene­n Gebieten; es werden moderne Schulen aber auch altersgere­chte Wohnformen benötigt“, erklärte der 56-jährige Jürgen Elfrich weiter.

Das Ganze aber ist ein Vorteil für die Mieter in Thüringen: Selbst in den großen Städten können mittlerwei­le die Nachfragen aus allen Schichten bedient werden. Und der Anstieg bei den Mieten bleibt mit 1,1 bis 1,8 Prozent pro Jahr erträglich. Eine Untersuchu­ng ergab, dass ein Großteil der Bestandsmi­eter derzeit unter fünf Euro pro Quadratmet­er zahlen, nur vier Prozent liegen jenseits der Sechs-Euro-Grenze. Bei Neuvermiet­ungen zahlt dagegen die Hälfte der Mieter maximal fünf Euro pro Quadratmet­er und Monat.

Ausreißer gibt es vor allen Dingen in den Ballungsze­ntren Erfurt und Jena, dort sind zehn Euro pro Quadratmet­er keine Seltenheit. „Noch fehlt vielen Wohnungssu­chenden das Bewusstsei­n, dass es in vielen Regionen billigen Wohnraum als Alternativ­e zu dem knappen Angebot in den großen Städten gibt“, erklärte Elfrich.

Preistreib­er bei den Mieten sind und bleiben indes die Nebenkoste­n. Allein der Strompreis kletterte seit dem Jahr 2000 um über 100 Prozent. Gas oder Heizöl schlugen mit einem Anstieg um 72 Prozent zu Buche.

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Foto: Tim Brakemeier Nicht nur ländliche Regionen Thüringens haben mit Wohnungsle­erstand zu kämpfen.

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