Thüringische Landeszeitung (Jena)
Wohnungswirtschaft befürchtet Insolvenzen
Fehlende Mieteinnahmen und laufende Kredite machen Genossenschaften zu schaffen
ERFURT. Der Wohnungsleerstand wird zu einem immer größeren Problem in Thüringen. Nicht nur die ländlichen Regionen, auch zahlreiche Städte seien von dieser Entwicklung betroffen, teilte gestern der Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft (vtw) mit. Die Folge: Jede vierte kommunale oder genossenschaftliche Wohnungsgesellschaft im Freistaat steht mittlerweile wirtschaftlich auf der Kippe. Zumal die hohen Kredite für die Wohnungssanierung seit Anfang der Neunzigerjahre noch nicht abgetragen werden konnten. „Wir rechnen in den nächsten fünf bis acht Jahren mit weiteren Fusionen, im schlimmsten Falle droht die Insolvenz“, erklärte dazu vtwVorstandsmitglied Jürgen Elfrich.
Während in Erfurt 3,8 Prozent der Wohnungen leer stehen, sind es in Gera 14,6 Prozent. Und ein Ende der Schieflage ist Experten zufolge nicht absehbar: Regionen wie etwa der Kyffhäuserkreis, das Altenburger Land oder Greiz verlieren in den kommenden 20 Jahren noch einmal ein Fünftel ihrer Bevölkerung.
„Thüringen muss schleunigst darauf reagieren – mit dem Ausbau der Infrastruktur in den besonders stark betroffenen Gebieten; es werden moderne Schulen aber auch altersgerechte Wohnformen benötigt“, erklärte der 56-jährige Jürgen Elfrich weiter.
Das Ganze aber ist ein Vorteil für die Mieter in Thüringen: Selbst in den großen Städten können mittlerweile die Nachfragen aus allen Schichten bedient werden. Und der Anstieg bei den Mieten bleibt mit 1,1 bis 1,8 Prozent pro Jahr erträglich. Eine Untersuchung ergab, dass ein Großteil der Bestandsmieter derzeit unter fünf Euro pro Quadratmeter zahlen, nur vier Prozent liegen jenseits der Sechs-Euro-Grenze. Bei Neuvermietungen zahlt dagegen die Hälfte der Mieter maximal fünf Euro pro Quadratmeter und Monat.
Ausreißer gibt es vor allen Dingen in den Ballungszentren Erfurt und Jena, dort sind zehn Euro pro Quadratmeter keine Seltenheit. „Noch fehlt vielen Wohnungssuchenden das Bewusstsein, dass es in vielen Regionen billigen Wohnraum als Alternative zu dem knappen Angebot in den großen Städten gibt“, erklärte Elfrich.
Preistreiber bei den Mieten sind und bleiben indes die Nebenkosten. Allein der Strompreis kletterte seit dem Jahr 2000 um über 100 Prozent. Gas oder Heizöl schlugen mit einem Anstieg um 72 Prozent zu Buche.