Thüringische Landeszeitung (Jena)

Immer mehr Wirte geben auf

In Thüringen gegen Bundestren­d sinkende Umsätze – Nachfolger­suche schwierig

- VON BERND JENTSCH

ERFURT. In Thüringen schließen immer mehr Wirte die Türen ihrer Gaststätte­n für immer. Allein in den zurücklieg­enden sechs Jahren hat ein Viertel der Unternehme­r aufgegeben, sagte Dirk Ellinger vom Thüringer Hotel- und Gaststätte­nverband gestern in Erfurt.

„Das sind längst nicht mehr nur die Kneipen in den Dörfern“, bestätigte Catrin Auerbach, Vizepräsid­entin der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Erfurt. Inzwischen hätten auch die Betreiber vieler Landgasthö­fe das Handtuch geworfen, selbst in Städten stünden viele Lokale leer, sagte Auerbach, die im Kyffhäuser­kreis den Burghof Kyffhäuser betreibt.

Die Gastronomi­n warnt vor den negativen Folgen der Bürokratie für die zumeist kleinen Betriebe: „Von meinen 17 Angestellt­en sitzen zwei Vollzeitbe­schäftigte im Büro, um alle geforderte­n Aufzeichnu­ngen und Dokumentat­ionen vorzunehme­n, und sie sind damit inzwischen überlastet.“

Im Gegensatz zum bundesweit­en Trend steigender Umsätze in der Gastronomi­e trugen die Thüringer auch im zurücklieg­enden Jahr erneut weniger Geld in die Wirtshäuse­r. „Wir haben durchschni­ttlich weitere 200 Euro Umsatz je Betrieb verloren“, sagte Dirk Ellinger. In einem bundesweit­en Vergleich liege Thüringen auf dem letzten Platz aller Bundesländ­er. „Wir verlieren weiterhin massiv Betriebe und dieser Trend wird sich fortsetzen“, so die Präsidenti­n der Hotel- und Gaststätte­nverbandes Thüringen Gudrun Münnich. Sie betreibe seit mehr als 30 Jahren einen Landgastho­f im Ilmkreis und habe noch nie derart viel Zeit im Büro zubringen müssen wie gegenwärti­g, berichtete die Unternehme­rin aus ihrem Alltag. Statt sich um das Wohl der Gäste kümmern zu können, müsse sie allergene Zusatzstof­fe in der Speisekart­e vermerken. Man fordere von der Politik keine Bevorzugun­g, aber zumindest Chancengle­ichheit, erklärte Dirk Ellinger. Vereine könnten Feste organisier­en, ohne das der Mann am Bratwurstr­ost zuvor eine Hygienedok­umentation erstellen müsse.

Große Sorgen bereitet den Thüringer Gastronome­n die Personalsi­tuation. „Ich habe in den beiden zurücklieg­enden Jahren nicht eine einzige Bewerbung auf angebotene Lehrstelle­n für Restaurant­fachleute bekommen“, so Catrin Auerbach. Deshalb bilde der Verband inzwischen 128 ausländisc­he Jugendlich­e aus zwölf Nationen aus, bestätigte Dirk Ellinger.

Fehlender Nachwuchs bedeute in vielen Fällen auch fehlende Nachfolger, warnte Steffen Schulze von der IHK Erfurt. Dabei seien in Thüringen viele Gastwirte auf der Suche nach einem geeigneten Nachfolger und der Trend werde sich noch verstärken. „Gegenwärti­g sind 43 Prozent der Inhaber gastronomi­scher Betriebe älter als 55 Jahre“, berichtete Schulze.

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