Thüringische Landeszeitung (Jena)
Unternehmerinnen schaffen sich Freiräume für Kreativität
ThexProjekt bringt Mentorinnen wie Sylke Schröder und Mentees wie Anne Franko zusammen
WEIMAR. Wer Sylke Schröder und Anne Franko zum ersten Mal trifft, lernt zwei Frauen kennen, die wissen, was sie wollen. Dass die eine die Mentorin der anderen ist, wird erst im Gespräch deutlich. Schließlich hat jede schon einen interessanten Lebens- und Berufsweg hinter sich – und steht mitten im Leben. Sylke Schröder hat in Weimar ihr Briefstudio aufgebaut – und wirbt mit dem Satz: „Nichts ist schwerer als ein guter Brief“.
Anne Franko ist Mediatorin, Kulturwissenschaftlerin, Ergotherapeutin– und zudem Vorsitzende des Netzwerkes Mediation Jena. Der Verein bietet auch Mediationsschulung an. In der Zweiergruppe Schröder-Franko aber ist sie die Mentee.
Zusammengeführt hat sie Thex Frauensache, eine Gruppe, die mit ESF-Mitteln gefördert und vom Wirtschaftsministerium unterstützt wird. Dort bietet sich über zwei Jahre hinweg Frauen die Möglichkeit, als Gespann zusammenzuarbeiten.
„Mich hat das neugierig gemacht – und ich fand das spontan spannend“, sagt Sylke Schröder, warum sie bei Thex Frauensache mitmacht, einer neuen Art von Unternehmerinnenförderung. Ihr ist das Netzwerk wichtig – vom Tandem mit ihrer Mentee über die Treffen der Mentorinnen und der Mentees getrennt, aber auch gemeinsam. „Unterstützt und aufgefangen“würden die Teilnehmerinnen. „Das ist immer persönlichkeitsbildend“, so Schröder. „Immer, wenn ich von einem Treffen zurückkomme, bin ich in so einer Hochstimmung: Da gehörst du einfach hin.“
Schröders Geschäftsidee rankt sich um Geschäftsbrief und Mail als Markenthema: „Die Unternehmenskommunikation wird in Deutschland sehr stiefmütterlich behandelt“, stellt sie fest. Sie schreibt Briefe im Kundenauftrag, hält Vorträge, gibt Workshops in Unternehmen zu dem Thema, veröffentlicht in Fachzeitschriften... Und im Einzelfall schreibe sie auch für Einzelpersonen, sagt sie. „Das Schlimmste beim Geschäftsbrief ist nicht das Schreiben, sondern die Haltung. Das heißt: Der Empfänger spürt, wie der Absender ihm oder der Sache gegenüber steht.“Das werde vor allem bei Antworten auf Beschwerden, Absagen oder anderen Botschaften, die unangenehm sind, deutlich. „Ich verwende in meinen Seminaren viel Zeit auf diesen Punkt.“
Man könnte das Empathieschulung nennen, aber Schröder gibt zu bedenken, dass Empathie womöglich durch Schulung allein nicht erworben werden könne.
Gute Gliederung, hohe Verständlichkeit – also weg von Floskeln – lebendige Sprache und passende Tonalität: Was für die schriftliche Kommunikation im Unternehmen wichtig ist, das lässt sich auch in anderen Bereichen nutzbringend einsetzen.
Anne Franko hat sich ganz bewusst einen Kreis gesucht, der sie auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit
„Immer, wenn ich von einem Treffen komme, bin ich in so einer Hochstimmung: Da gehörst du einfach hin.“
Sylke Schröder, Mentorin aus Weimar begleitet: So stieß sie auf Thex Frauensache – und zwar in der Zeit, als aus dem Nebenjob der Hauptberuf werden sollte.
„Meine Erfahrung ist: Netzwerke sind für alle wichtig, besonders aber für Frauen. Da gibt es viele Informationen nicht nur zum Beruf selbst“, sagt die Mediatorin, die zudem Kulturwissenschaftlerin und gelernte Ergotherapeutin ist. „Ich begleite vor allem Menschen, die sich zum Beispiel im Arbeitsleben in Prozessen der Umstrukturierung befinden.“Sie macht Teambegleitung im Unternehmen, hilft aber auch Menschen in Trennung und Scheidung, sie ist in der Familienmediation tätig, kümmert sich um Lösungsansätze, wenn sich am Ende einer Beziehung die Frage stellt, was mit den Kindern passiert und welche Verantwortlichkeit bei den Eltern liegt. „Ich arbeite sehr viel mit Kindern und Jugendlichen, beziehe sie mit ein in diesen schwierigen Prozess. Mache pädagogische Arbeit. Der kommunikativ-wertschätzende Part ist dabei wichtig. Und da ich Kulturwissenschaftlerin bin, fließt immer kulturelle Bildung ein“, sagt Franko.
„Bei Thex Frauensache ist mir wichtig, dass ich beim Aufbau meiner Selbstständigkeit Unterstützung erfahre.“Gut sei, von Erfolgen und auch von Misserfolgen der anderen zu hören und daraus Schlüsse zu ziehen, sagt sie. Gut sei, Lernende sein zu können. „Im Tandem stellen wir uns eine Aufgabe, an der wir über zwei Jahre arbeiten“, macht Sylke Schröder deutlich.
Bei Franko rankt sich diese Aufgabe um die Ausgestaltung ihres Unternehmens.
Da war bisher manches unterblieben, weil sie sehr schnell erste Erfolge in ihrer Selbstständigkeit hatte. „Ich will mein Geschäft auf solide Füße stellen“, sagt Anne Franko – und hofft dabei nicht nur auf die Erfahrungen ihrer Mentorin. Einmal im Monat treffen sich die beiden Frauen für einen halben Tag und arbeiten an diesem Ziel.
Der Netzwerk-Gedanke bedeutet für viele: Wer mich empfiehlt, den muss ich auch empfehlen. Sylke Schröder ist das zu einseitig. Oft sei es zielführender, zwei Personen zusammenzubringen. Das setze aber voraus, dass man erkenne, wer wessen Unterstützung brauchen kann.
Sylke Schröder hat sich früher bei der Lektüre von Berichten über Frauen, die sich in der Mitte des Lebens selbstständig machen, oft gedacht, dass dies Ausnahmen seien.
Auch mit Blick auf Thex Frauensache sagt sie nun: „Ich staune, wie viele Frauen gerade auch in diesem Alter als neue Unternehmerinnen tätig sind – und wie viele spannende Ideen es da gibt.“Anne Franko hebt hervor, das Besondere an Thex Frauensache sei, „dass es diesen Freiraum gibt, aus dem Alltag herauszutreten, und Zeit zu haben – für Kreativität zum Beispiel.“