Thüringische Landeszeitung (Jena)
Putin und Trump: Der Beginn einer Freundschaft?
Der Kremlchef gratuliert dem Wahlsieger und will die politischen Beziehungen zwischen beiden Ländern stabilisieren
Bombardierung von Aleppo, Kämpfe in der Ostukraine, die Stationierung von Nato-Kräften an der Ostflanke des Bündnisses: Im amerikanisch-russischen Verhältnis war zuletzt häufig von einem neuen Kalten Krieg die Rede.
Zwar hatte der Republikaner Donald Trump im Wahlkampf eine Charme-Offensive Richtung Moskau angekündigt und seine Sympathie für Kremlchef Wladimir Putin bekundet. „Ich glaube, dass ich gut mit ihm auskommen kann“, hatte er formuliert. Der russische Präsident zeigte sich postwendend angetan: Ein „kluger Mann“sei Trump. Insbesondere dessen Aussage, Amerika werde sich aus internationalen Konflikten heraushalten und möglicherweise sogar die Nato verlassen, stieß in Moskau auf Anklang.
In einem Glückwunsch-Telegramm an Trump äußerte Putin gestern die Hoffnung, die russisch-amerikanischen Beziehungen gemeinsam aus der Krise zuführen und effektive Antworten auf globaleSic her heitsherausforderungen zu suchen. So richtig scheint der Realpolitiker dem Frieden nicht zu trauen. „Wir sind uns bewusst, dass es kein leichter Weg wird angesichts des Verfallszustands, in dem sich die Beziehungen zwischen den USA und Russland befinden“, sagte Putin am Mittwoch. Aber daran sei nicht Russland schuld. „Wir sind bereit, unseren Teil beizutragen, um das russisch-amerikanische Verhältnis auf eine stabile Bahn zu lenken.“Ein Treffen mit Trump sei vorerst nicht geplant, betonte Putin-Sprecher Dmitri Peskow. In den kommenden Monaten werde man weiter mit Amtsinhaber Barack Obama arbeiten.
Während die Abgeordneten der Staatsduma Trumps Sieg mit lautem Applaus quittierten, rutschte der russische Aktienindex RTC um 1,3 Prozentpunkte ab. Er erholte sich aber angesichts des leicht steigenden Ölpreises im Laufe des Tages. „Amerika kann wieder groß werden, wenn es das Gleichgewicht der Kräfte achtet und gemeinsam mit uns für die Entwicklung einer harmonischen, multipolaren Architektur des 21. Jahrhunderts eintritt“, erklärte Leonid Sluzki, Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses. Er spielte damit auf Trumps Wahlkampf-Slogan „Make America Great Again“, zu Deutsch: „Amerika wieder groß machen“, an.
Der Nationalpopulist Wladimir Schirinowski sprach schon von internationaler Entspannung und einer Anerkennung der Krim als Teil Russlands durch Trump. Kommunistenführer Gennadi Sjuganow dagegen warnte, auch Trump werde nichts an der expansiven Strategie der USA ändern. Und der kremlnahe Senator Aleksei Puschkow unterstellte Trump guten Willen gegenüber Moskau, befürchtete aber, die „antirussische“Elite Washingtons werde versuchen, ihn in ihrem Sinne zu bearbeiten.
Das Misstrauen gegenüber den USA ist in Russland tief verwurzelt. Vor der Präsidentenwahl hatten viele heimische Medien Hillary Clinton als „russenhassende Favoritin eines pseudodemokratischen Systems“gebrandmarkt.
Selbst nach Bekanntwerden ihrer Niederlage stand auf der Webseite der Zeitung „Iswestija“noch ein Kommentar, der von massenhaften Stimmenmanipulationen zugunsten der demokratischen Kandidatin sprach – mit Wahlautomaten der Firma Smartmatic, hinter der der Milliardär und ClintonAnhänger George Soros stecke. Alte Feindbilder sind eben nur schwer zu korrigieren.
Vorerst wird weiter mit Obama gearbeitet