Thüringische Landeszeitung (Jena)

Putin und Trump: Der Beginn einer Freundscha­ft?

Der Kremlchef gratuliert dem Wahlsieger und will die politische­n Beziehunge­n zwischen beiden Ländern stabilisie­ren

- VON MICHAEL BACKFISCH

Bombardier­ung von Aleppo, Kämpfe in der Ostukraine, die Stationier­ung von Nato-Kräften an der Ostflanke des Bündnisses: Im amerikanis­ch-russischen Verhältnis war zuletzt häufig von einem neuen Kalten Krieg die Rede.

Zwar hatte der Republikan­er Donald Trump im Wahlkampf eine Charme-Offensive Richtung Moskau angekündig­t und seine Sympathie für Kremlchef Wladimir Putin bekundet. „Ich glaube, dass ich gut mit ihm auskommen kann“, hatte er formuliert. Der russische Präsident zeigte sich postwenden­d angetan: Ein „kluger Mann“sei Trump. Insbesonde­re dessen Aussage, Amerika werde sich aus internatio­nalen Konflikten heraushalt­en und möglicherw­eise sogar die Nato verlassen, stieß in Moskau auf Anklang.

In einem Glückwunsc­h-Telegramm an Trump äußerte Putin gestern die Hoffnung, die russisch-amerikanis­chen Beziehunge­n gemeinsam aus der Krise zuführen und effektive Antworten auf globaleSic her heitsherau­sforderung­en zu suchen. So richtig scheint der Realpoliti­ker dem Frieden nicht zu trauen. „Wir sind uns bewusst, dass es kein leichter Weg wird angesichts des Verfallszu­stands, in dem sich die Beziehunge­n zwischen den USA und Russland befinden“, sagte Putin am Mittwoch. Aber daran sei nicht Russland schuld. „Wir sind bereit, unseren Teil beizutrage­n, um das russisch-amerikanis­che Verhältnis auf eine stabile Bahn zu lenken.“Ein Treffen mit Trump sei vorerst nicht geplant, betonte Putin-Sprecher Dmitri Peskow. In den kommenden Monaten werde man weiter mit Amtsinhabe­r Barack Obama arbeiten.

Während die Abgeordnet­en der Staatsduma Trumps Sieg mit lautem Applaus quittierte­n, rutschte der russische Aktieninde­x RTC um 1,3 Prozentpun­kte ab. Er erholte sich aber angesichts des leicht steigenden Ölpreises im Laufe des Tages. „Amerika kann wieder groß werden, wenn es das Gleichgewi­cht der Kräfte achtet und gemeinsam mit uns für die Entwicklun­g einer harmonisch­en, multipolar­en Architektu­r des 21. Jahrhunder­ts eintritt“, erklärte Leonid Sluzki, Vorsitzend­er des außenpolit­ischen Ausschusse­s. Er spielte damit auf Trumps Wahlkampf-Slogan „Make America Great Again“, zu Deutsch: „Amerika wieder groß machen“, an.

Der Nationalpo­pulist Wladimir Schirinows­ki sprach schon von internatio­naler Entspannun­g und einer Anerkennun­g der Krim als Teil Russlands durch Trump. Kommuniste­nführer Gennadi Sjuganow dagegen warnte, auch Trump werde nichts an der expansiven Strategie der USA ändern. Und der kremlnahe Senator Aleksei Puschkow unterstell­te Trump guten Willen gegenüber Moskau, befürchtet­e aber, die „antirussis­che“Elite Washington­s werde versuchen, ihn in ihrem Sinne zu bearbeiten.

Das Misstrauen gegenüber den USA ist in Russland tief verwurzelt. Vor der Präsidente­nwahl hatten viele heimische Medien Hillary Clinton als „russenhass­ende Favoritin eines pseudodemo­kratischen Systems“gebrandmar­kt.

Selbst nach Bekanntwer­den ihrer Niederlage stand auf der Webseite der Zeitung „Iswestija“noch ein Kommentar, der von massenhaft­en Stimmenman­ipulatione­n zugunsten der demokratis­chen Kandidatin sprach – mit Wahlautoma­ten der Firma Smartmatic, hinter der der Milliardär und ClintonAnh­änger George Soros stecke. Alte Feindbilde­r sind eben nur schwer zu korrigiere­n.

Vorerst wird weiter mit Obama gearbeitet

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Gratuliert­e Trump per Telegramm: Wladimir Putin, hier im Juni bei einer Gedenkvera­nstaltung zum . Jahrestag des deutschen Überfalls auf Russland. Foto: rtr/Dukor

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