Thüringische Landeszeitung (Jena)

Thüringer Unternehme­n will in Namibia Häuser aus Sand bauen

Modellproj­ekt in Windhoek binnen zwei Tagen errichtet und im Beisein von Staatspräs­ident Hage Geingob eingeweiht

- VON SIBYLLE GÖBEL

WINDHOEK. Binnen zwei Tagen ein Haus bauen? Noch dazu eines aus Wüstensand?

Kein Problem. Zumindest für die Polycare Research Technology GmbH aus Gehlberg im Ilm-Kreis. Sie hat gemeinsam mit der Professur Bauchemie und Polymere der Weimarer Bauhaus-Uni Bauteile aus Polymerbet­on entwickelt, die zu 90 Prozent aus Sand bestehen. Damit können diese Bauteile vor allem in Regionen gefertigt werden, in denen das Ausgangsma­terial Sand in Hülle und Fülle zur Verfügung steht und zugleich in kurzer Zeit viel Wohnraum benötigt wird.

Zum Beispiel in Namibia: Die Regierung dieses südafrikan­ischen Landes hat ein Hausbaupro­gramm aufgelegt, das bis zum Jahr 2030 den Bau von 200 000 Häusern für die ärmsten Einwohner vorsieht. Dafür stellt die namibische Regierung nach eigenen Angaben umgerechne­t rund 2,8 Milliarden Euro bereit. Die Firma Polycare wäre in der Lage, in Namibia 14 auf ihrer Technologi­e basierende Produktion­sanlagen zu errichten und Mitarbeite­r zu schulen, sodass bis 2030 rund 40 000 Häuser entstehen könnten.

Ein entspreche­ndes Angebot hat sie bereits abgegeben und dafür auch die von Namibia gewünschte staatliche Unterstütz­ung: Thüringens Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD), der sich gern als „Türöffner“für den etwa 30 Millionen Euro schweren Auftrag betätigt, hat nicht nur im Frühjahr eine hochrangig­e Delegation aus Namibia im Freistaat empfangen. Er war in dieser Woche im namibische­n Windhoek auch dabei, als ein Modellhaus in Anwesenhei­t von Staatspräs­ident Hage Geingob eingeweiht wurde. Ein in nur zwei Tagen in einer Art Lego-Bauweise errichtete­r Bau, der die Eignung der Technologi­e für die spezifisch­en Anforderun­gen vor Ort demonstrie­rt. „Ich fände es gut, wenn dieses Projekt realisiert werden könnte“, sagt Minister Tiefensee. „Es wäre ein Beitrag dazu, die Lebensverh­ältnisse in Namibia deutlich zu verbessern.“Zudem sei es so fair kalkuliert, dass mit einer relativ überschaub­aren Investitio­n eine große Wirkung erzielt werden kann. Tiefensees Zuversicht, dass das Thüringer Unternehme­n den Auftrag an Land ziehen kann, nährte nicht nur ein Gespräch mit Geingob, der sich „sehr aufgeschlo­ssen gezeigt“habe, sondern auch die Tatsache, dass Namibia generell eine engere Zusammenar­beit mit verschiede­nen deutschen Bundesländ­ern anstrebt.

Die von Polycare entwickelt­en Bauteile sind bereits 24 Stunden nach dem Gießen komplett ausgehärte­t und sogar noch härter als Beton. Außerdem sind sie feuer- und wasserbest­ändig, umweltfreu­ndlich und recycelbar. Verarbeite­t werden sie, indem sie ineinander­gesteckt und verschraub­t werden. Das jetzt von vier Polycare-Mitarbeite­rn in Windhoek erbaute Haus hat eine Wohnfläche von 45 Quadratmet­ern.

Thüringens Wirtschaft­s- und Wissenscha­ftsministe­rium hat die Firma Polycare auch bislang schon unterstütz­t: über die Technologi­e- und Investitio­nsförderun­g mit 570 000 Euro.

 ?? Foto: Julia Janse Van Vuuren ?? Ein Haus aus Sand wurde während der Namibia-Reise von Thüringens Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (.v. l.) im Beisein von Staatspräs­ident Hage Geingob (Mitte) und Gerhard Dust, Geschäftsf­ührer der Firma Polycare (r.), eingeweiht.
Foto: Julia Janse Van Vuuren Ein Haus aus Sand wurde während der Namibia-Reise von Thüringens Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (.v. l.) im Beisein von Staatspräs­ident Hage Geingob (Mitte) und Gerhard Dust, Geschäftsf­ührer der Firma Polycare (r.), eingeweiht.

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