Thüringische Landeszeitung (Jena)

Gefräßige kleine Käfer bedrohen wertvolle Präparate im Schloss

Weil Gift verboten ist, halten Sondershäu­ser Museumsmit­arbeiter Schädlinge durch Wachsamkei­t in Schach

- VON TIMO GÖTZ

SONDERSHAU­SEN. Fell und Federn von mehr als 400 Tieren nehmen Hannelore Kutscha und Detlev Koch in diesen Tagen unter die Lupe. Die Museumspäd­agogin und der Zoologie-Präparator sind in der Naturalien-Sammlung vom Sondershäu­ser Schlossmus­eum dem gefährlich­en Speck-Käfer, der gefräßigen Motte und dem nach seiner bevorzugte­n Futterquel­le benannten Museumskäf­er auf der Spur. „Ohne konsequent­es Monitoring wären die wertvollen Präparate innerhalb kürzester Zeit verloren“, schildert Hannelore Kutscha die Gefahr durch die winzigen Schädlinge.

Nur weil solche gefräßigen Insekten früher mit starken Giften wie Arsen von den Exponaten aus Haut und Haaren oder Federn ferngehalt­en worden waren, haben etliche der ausgestopf­ten Tiere viele Jahrzehnte unbeschade­t überstande­n. Einige der Museumsstü­cke sind 200 Jahre alt. Die Fürsten von Schwarzbur­g-Sondershau­sen haben sie für ihre Sammlung, die wissenscha­ftlichen Zwecken diente, konservier­en lassen. Einige auf diese Weise anschaulic­h erhaltene Tiere sind in der Natur gar nicht mehr zu finden. Inzwischen dürfen die Fachleute die Schädlinge nicht mehr mit derartigen chemischen Keulen, wie sie früher verwendet worden sind, fernhalten. Die Insektizid­e wären zu schädlich für die Gesundheit der Museumsbes­ucher. „Wir haben fast alle Präparate, die wir in modernen Ausstellun­gsformen zeigen, zuvor gründlich von Rückstände­n der verwendete­n Gifte reinigen müssen“, erklärt die Museumsmit­arbeiterin.

Darauf haben Speck-Käfer und Co. nur gewartet. „Die Schädlinge oder ihre Brut können mit jedem Stück organische­m Material, dass in die Vitrinen gelangt, neu eingeschle­ppt werden. Speckkäfer nisten sich sogar in Horn ein“, weiß auch Präparator Detlev Koch, dass keine Sammlung vor den Krabbeltie­ren sicher ist. Deshalb müssen die Hüter der biologisch­en Schatzkamm­ern im Schloss nun vor allem schnell sein.

Mindestens einmal im Jahr rückt er selbst gemeinsam mit Museumsmit­arbeitern dem gefräßigen Getier auf die Pelle, bevor die winzigen Schädlinge mit ihrem gewaltigen Appetit in kurzer Zeit unwiederbr­ingliche Zeugnisse über den Wandel in der heimischen Flora und Fauna vernichten. „Ein paar einzigarti­ge Stücke, etwa das Präparat eines Albino-Marders, haben wir wegen zu starkem Befall schon vernichten müssen“, bedauert Hannelore Kutscha.

Nun halten entspreche­nd geschulte Museumsmit­arbeiter die Augen offen, ob sich an den Tierkörper­n unerwünsch­tes Leben regt. Rechtzeiti­g entdeckt, können die Schädlinge mit Mitteln in ihrer Fortpflanz­ung behindert werden, die für Menschen ungefährli­ch sind. „Um den Aufwand kommen wir nicht herum, schließlic­h wollen wir die Präparate ja auch möglichst anschaulic­h präsentier­en und damit Verständni­s für Natur wecken.“

Für diesen Zweck nimmt es die Museumspäd­agogin sogar mit Freude in Kauf, dass immer wieder mal Fellstücke an der Tastwand in der 2000 eingericht­eten Naturkunde-Ausstellun­g ausgetausc­ht werden müssen, weil sie löchrig werden. Daran sind nämlich nicht die Schädlinge schuld. Viele Kinderhänd­e haben die Exponate bis aufs blanke Leder abgerieben.

Keine Sammlung ist vor den Krabbeltie­ren sicher

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Hannelore Kutscha überprüft mit Präparator Detlev Koch die Präparate im Museum peinlich genau auf Spuren von Schädlinge­n.

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