Thüringische Landeszeitung (Jena)

Geplanter Stellenabb­au kommt nicht voran

Vor allem das Bildungs und das Innenminis­terium bleiben weit hinter den Vorgaben der rotrotgrün­en Landesregi­erung zurück

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Bodo Ramelow wird nicht müde zu betonen, dass die Gebietsref­orm alternativ­los ist. Zumal es nicht nur um den Neuzuschni­tt von Landkreisg­renzen gehe, sondern auch darum, die Verwaltung fit für die Zukunft zu machen und dabei schlanker aufzustell­en, wie der Regierungs­chef gerne hervorhebt. Aus diesem Grund soll nach Ramelows Angaben in den kommenden Jahren nur jede zweite Stelle im Landesdien­st neu besetzt werden, die durch Pensionier­ung frei wird.

Etwa 17 000 Landesbedi­enstete würden in den kommenden Jahren altersbedi­ngt in Ministerie­n und Landesbehö­rden ausscheide­n, erläutert der Ministerpr­äsident. Um den von der Vorgängerr­egierung beschlosse­nen Abbau von rund 8800 Stellen in der Landesverw­altung umzusetzen, sei die Nachbesetz­ungsregel nötig. „Wir müssen jetzt klären, welche Stellen das sind“, sagt der Linke.

Doch dieser Prozess ist schwierige­r als es sich die rotrot-grünen Koalitionä­re vorgestell­t haben. Zwar wurde die im Haushalt 2015 festgeschr­iebene Zielvorgab­e von 8849 Stellen erhöht – auf aktuell 9035. Aber weit weniger als die Hälfte wurde davon bislang realisiert: 5377 Stellen müssten immer noch abgebaut werden, heißt es im aktuellen Doppeletat. Und selbst diese Zahl ist sehr wohlwollen­d kalkuliert, obwohl der Zielkorrid­or bereits um fünf Jahre verlängert wurde und nun im Jahr 2025 liegt.

De facto sicher weggefalle­n sind dem Haushaltsp­lan zufolge gerade einmal 1320 Stellen. Eventuell könnte man noch 290 weitere Stellen hinrechnen, die 2017 folgen sollen. Aber der so genannte „impliziert­e Abbau aufgrund Begrenzung des Anstiegs der Personalau­sgaben im Rahmen der Hochschulr­ahmenverei­nbarung III“ist ungefähr so komplex wie der Name vermuten lässt. Ob die damit verbundene­n 238 Stellen schon gestrichen sind, darf deshalb bezweifelt werden.

Auch der Stellenabb­au durch die „Rückführun­g der Zuschüsse“an den Thüringen-Forst, eine Anstalt öffentlich­en Rechts, in die Landesbedi­enstete verschoben wurden, ist längst nicht abgeschlos­sen. Von 2012 bis 2022 sind davon immerhin 477 Stellen betroffen.

Dass der Abbaupfad Makulatur ist, wird besonders deutlich, wenn man einen Blick auf das von Birgit Klaubert (Linke) geführte Bildungsmi­nisterium wirft. Im dortigen Haushalt ist weiterhin der Wegfall von 1333 Erzieherin­nenstellen eingepreis­t – allerdings unter dem „Vorbehalt der Kommunalis­ierung“.

Mit dem Ende des einstigen Hort-Modellproj­ekts werden diese Stellen jetzt nicht nur beim Land verbleiben, sondern es kommen Hunderte weitere bis dato bei den Kommunen beschäftig­te Erzieherin­nen oben drauf.

Aus dem Bildungsmi­nisterium wird dazu auf TLZ-Anfrage mitgeteilt: „Nach derzeitige­m Stand sind durch die Rückführun­g der Erzieherin­nen und Erzieher zum Land 665 Vollzeitbe­schäftigte im Stellenpla­n des Bildungsmi­nisteriums hinzugekom­men.“Die 1333 abzubauend­en Stellen seien von Anfang an unter dem Vorbehalt der endgültige­n Kommunalis­ierung im Stellenabb­aukonzept enthalten gewesen.

„Es war klar, dass diese nicht abgebaut werden müssen, wenn sie wieder in den Landesdien­st zurückkomm­en“, so Presserefe­rentin Silke Fließ. Alle weiteren Fragen seien Gegenstand von Beratungen einer Interminis­teriellen Arbeitsgru­ppe (IMAG), die noch andauerten und an denen „wir uns konstrukti­v beteiligen“. Dazu gehöre auch, die erfreulich­erweise wieder steigenden Schülerzah­len zu thematisie­ren.

Das Verfolgen eines ehrgeizige­n Stellenabb­aupfads klingt irgendwie anders. Erschweren­d kommt hinzu, dass es im Innenminis­terium in puncto Personalre­duzierung ebenfalls nicht zum Besten bestellt ist. Der Stellenabb­au bei der Polizei ist gestoppt. Die dafür einst vorgesehen­en 800 Stellen sind aus diesem Grund im ministerie­llen Einzelplan 03 immer noch nicht „in Jahressche­iben“untersetzt.

Dass Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) einen besonderen Elan an den Tag legt, bei der Polizei rigoros den Rotstift anzusetzen, ist angesichts der anhaltende­n Debatte, um die innere Sicherheit und Beamte, die die Grenze ihrer Leistungsf­ähigkeit überschrit­ten haben, kaum vorstellba­r.

Warum sollte sich der Innenminis­ter auch noch mehr dem Sturm der Kritik aussetzen, wenn in anderen Ressorts auch nicht besonders überschwän­glich an der Verschlank­ung der Verwaltung gearbeitet wird? Als vor einiger Zeit Überlegung­en von Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) für eine neue Großbehörd­e bekannt wurden, ging daraus hervor, dass damit lediglich 12 Stellen wegfielen.

Mit Blick auf die jüngst vorgestell­te Expertenme­inung zur Polizeistr­ukturrefor­m sagt Innenminis­teriumsspr­echer Oliver Löhr: Darin sei nichts von einem Personalab­bau zu lesen. „Es wird abzusehen sein, dass es keinen weiteren Abbaupfad gibt.“

Uwe Büchner, der Sprecher von Finanzmini­sterin Heike Taubert (SPD), verweist auf die IMAG, in der es derzeit darum gehe, den tatsächlic­hen Personalbe­stand zu ermitteln und ein realistisc­hes Entwicklun­gskonzept zu finden. „Dazu laufen intensive Gespräche“, sagt er.

„In Thüringen soll in den nächsten Jahren nur jede zweite Stelle im Landesdien­st neu besetzt werden, die durch Pensionier­ung frei wird.“ Bodo Ramelow (Linke), Ministerpr­äsident

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