Thüringische Landeszeitung (Jena)

Couragiert­e Menschen im Damenviert­el

Linke kritisiere­n OB: Rechte brandgefäh­rlich

- VON THORSTEN BÜKER

JENA. Am Tag danach waren sich viele Akteure der Zivilgesel­lschaft nur in einem Punkt einig: Mit mehr als 1000 Teilnehmer­n habe die Stadt der Thügida-Demonstrat­ion ein kraftvolle­s Signal entgegenge­setzt. Die grundsätzl­iche Diskussion über den Umgang mit den rechtsradi­kalen Aufmärsche­n hält an.

„Ich bin froh, dass die Jenaerinne­n und Jenaer so kraftvoll und kreativ aus der Mitte der Gesellscha­ft reagiert haben. Der Aufzug der Neonazis war wirklich lächerlich“, sagte OB Albrecht Schröter (SPD) – und erntete Widerspruc­h. Der Aufzug sei nicht lächerlich, sondern brandgefäh­rlich gewesen, erklärte der Stadtverba­nd der Linken.

„Massive Drohungen durch den Veranstalt­er“

„Gegen den Jenaer Polizeiche­f, den Rechtsamts­leiter der Stadt Jena, die anwesenden Landtagsab­geordneten sowie gegen Pressevert­reter wurden massive Drohungen durch den Veranstalt­er geäußert“, betonte Jens Thomas.

Die Bündnisgrü­nen erwarten, dass Polizei und Versammlun­gsbehörde Verstöße gegen die Auflagen schneller ahnden. Auch die Sprecherin des Kreisverba­ndes, Christine Schickert, lobte die Menschen, die für eine weltoffene Gesellscha­ft eintreten würden.

Die AfD-Landtagsab­geordnete Wiebke Muhsal kritisiert­e, dass der bürgerlich­e Protest von Linksextre­men für Gewaltakti­onen instrument­alisiert worden sei. Das Aktionsnet­zwerk gegen Rechtsextr­emismus lobte die couragiert­en Bewohner des Damenviert­els. „Es ist deutschlan­dweit einmalig, dass Nazis am 9. November, dem Tag der Reichspogr­omnacht, mit Fackeln und Sarg marschiere­n können.“Kritik am enormen Polizeiauf­gebot übt die Sprecherin der Antifaschi­stischen Aktion Jena, Jana Semmler. Sie warf der Stadt vor, Teile der Zivilgesel­lschaft zu kriminalis­ieren.

Bei dem Einsatz seien vier Beamte leicht verletzt worden, erklärte eine Sprecherin der Polizei noch am Mittwochab­end. Zur Bilanz insgesamt zählen sechs Körperverl­etzungen, darunter ein Angriff mit einer Holzlatte auf einen Polizisten, ein Landfriede­nsbruch, fünf Verstöße gegen das Versammlun­gsgesetz sowie eine Anzeige wegen des Verwendens von Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen. Ausgerechn­et ein Gegendemon­strant habe den Hitlergruß gezeigt und „Sieg heil“gerufen.

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