Thüringische Landeszeitung (Jena)
Sankt Martin und das große Fressen
Wie ist das mit den Mitgeschöpfen?
Ursel Galle aus Erfurt schreibt:
Alle Jahre wieder – seit der „Neuzeit“: der Martinsmarkt. Ich suchte im Internet dazu die „Martinswurst“, fand „Alles wird angeboten, was unmittelbar mit dem Fest in Verbindung steht: Martinsgänse, Martinshörnchen und vieles mehr.“Keine Bratwurst.
Erinnern wir uns: weil mal wieder ein paar Gänse ihren Schnabel nicht halten konnten, wurde sein Versteck verraten und der bescheidene Martin von Tours zum Bischof geweiht.
Gänse, in Sippenhaft genommen und mit einem Bann belegt, werden seit Generationen im Gedenken an den späteren Heiligen einfach verspeist. Wie unethisch!
Aber was können die armen Schweine dafür? Besonders in Thüringen, wo die Gänse im Angedenken des Geburtstages des heiligen Martins von Tour am 11. November ihren „Namenstag“ haben und schon am 10. November, dem Geburtstag von Martin Luther, das große Wurstbraten stattfindet.
Von „Martinswürstchen“habe ich noch nichts gehört.
Schon bevor das große Zeremoniell vor der imposanten Domkulisse zu Ende ging, standen etwa 50 Personen am Rost mit den billigsten Bratwürsten an. Kleiner Preis nach kurzem Leben in großer Qualhaltung. Andere Bratwurststände waren ebenfalls belagert. Dies war nach dem Fest. Aber was ging hier den ganzen Tag über ab? Tausende von Bratwürsten zum Wohle aller, die dran verdienen, zum Schaden derer, die gelebt haben – und leben wollen, denn ohne tierisches Eiweiß lebt es sich nun mal besser.
Und wie ist die Sicht der Kirche auf unsere tierischen Mitgeschöpfe? Warum werden sie erst „Mitgeschöpfe“genannt und dann gegessen?