Thüringische Landeszeitung (Jena)
Materialisierte Virtualität
50. „Tangente“Ausstellung: Im Foyer der Jenoptik AG werden Werke von Künstler Peter Wackernagel gezeigt
JENA. Künstler, Ingenieur, Konstrukteur: Die richtige Bezeichnung für den 32-jährigen Peter Wackernagel müsste sich aus allen drei Begriffen zusammensetzen. Seine Werke erschafft er im virtuellen Raum, sie sind immateriell bis Wackernagel sie materialisiert, die digitalen Figuren real werden lässt.
Welches Material Wackernagel nutzt, um die Virtualität zu realisieren, bleibt dem Betrachter dabei rätselhaft. Seine Figuren existieren, verlieren sich jedoch in einer seltsamen Formlosigkeit. Licht und Schatten legen sich auf die metallischen Flächen.
Sieben seiner Werke sind derzeit im Foyer des Ernst-Abbe-Hochhauses der Jenoptik AG zu sehen. Es ist die 50. „Tangente“-Ausstellung an diesem Ort und die letzte, die von Konzern-Chef
Michael
Mertin eröffnet wurde. Er verlässt das Unternehmen zum 30. Juni dieses Jahres. Bereits seit 1994 veranstaltet Jenoptik an ihrem Firmensitz im Ernst-Abbe-Hochhaus Kunstausstellungen unter dem Namen „Tangente“– Berührung. Der Titel steht für die Berührung mit der bildenden Kunst, von der sich das Unternehmen als Technologiekonzern die Eröffnung neuer Horizonte verspricht. Kunst als Wegweiser in die Zukunft. Gerade deshalb passen Wackernagels Werke, die unter dem Titel „inspace“vorgestellt werden, hervorragend in diese Reihe. Der gebürtige Magdeburger, der in Dresden bildende Kunst studierte und anschließend zwei Jahre Meisterschüler bei Martin Honert war, kam vor drei Jahren nach Jena – der Liebe wegen. „Ich war überrascht von dem kulturellen und künstlerischen Angebot in Jena“, sagt er. Ein Atelier fand er im Kulturbahnhof. Hier entstehen seine Objekte. Er sei kein Künstler, der sich nur von seinen Emotionen lenken lässt, vielmehr sei er ein Planer und Entwickler, sagt er über sich selbst. Seine Figuren modelliert Wackernagel am Computer. „Da ist tatsächlich viel ingenieurtechnisches Wissen nötig.“Das habe er sich autodidaktisch angeeignet. Heute vermittelt er sein Wissen als Dozent an die Studenten der Dresdner Hochschule für bildende Künste.
Auch die Umsetzung der virtuellen Modelle in die Realität erfordert von Wackernagel viel Planung. Für das Zuschneiden der einzelnen Flächen baute er sich eine eigene Fräßvorrichtung. Er experimentierte mit Materialen und Möglichkeiten. Einige seiner Arbeiten bestehen aus einem Kunststoff-Trägermaterial, die mit einer dünnen Aluminiumschicht überzogen sind, für andere nutzt er industriell gefertigte HPL-Kompaktplatten. Was Wackernagel entwickelt, sind keine erwartbaren Linien und Objekte, es sind Figuren, die ihren immateriellen Ursprung auch in der Materialität weitertransportieren.
Kuratiert wurde die 50. „Tangente“von Armin Huber und Torsten Treff von der Galerie „Huber&Treff“. Seit dem Jahr 2012 sind die beiden Jenaer Galeristen für die Tangente-Ausstellung zuständig.
„Das Jenoptik-Foyer ist ein spezieller Raum – vor allem mit der dauerhaften Licht-Installation der Künstlerin Rosalia. Wackernagels Arbeiten passen einfach wunderbar in diesen Raum und in die Tangente- Reihe“, sagt Armin Huber. „Als künstlerischen Neuzugang in Jena wollten wir ihn außerdem der Öffentlichkeit vorstellen.“
• Tangente-Ausstellung „in space“im Ernst-AbbeHochhaus, Carl-Zeiss-Straße : zu sehen bis Ende Juni, montags bis donnerstags bis Uhr sowie freitags bis Uhr; Eintritt frei.