Thüringische Landeszeitung (Jena)
Rätsel um Pilzgift gelöst
Wissenschaftler aus Jena und Borstel erhalten den Preis „LeibnizWirkstoff des Jahres 2017“
JENA. Für ihre bedeutende Forschung auf dem Gebiet von bioaktiven Substanzen wurden drei Jenaer Wissenschaftler ausgezeichnet. Duncan Wilson, Selene Mogavero und Bernhard Hube vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Hans-KnöllInstitut) in Jena sowie Thomas Gutsmann vom Forschungszentrum Borstel (Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften) haben ein gewebeschädigendes Pilztoxin erforscht. Dafür erhielten sie jetzt den Preis „Leibniz-Wirkstoff des Jahres 2017“, der mit 2000 Euro dotiert ist. Wir beantworten Fragen zum Thema.
Woran haben die Jenaer Wissenschaftler gearbeitet?
Sie haben in Zusammenarbeit mit britischen und US-amerikanischen Kollegen den krankheitserregenden Hefepilz Candida albicans erforscht. Dieser ist normalerweise ein harmloser Darmbewohner. Doch er kann ein Gift entwickeln, durch das die Membran der Wirtszelle durchlöchert und damit aufgelöst wird. Grund dafür ist das Peptid Candidalysin, wegen dem der Hefepilz einer der häufigsten Erreger für schwerwiegende Pilzkrankheiten ist.
Warum wurde das Peptid Candidalysin erst jetzt entdeckt?
Das sei auf einen Trick des Pilzerregers zurückzuführen. Candida albicans bildet zunächst ein größeres Molekül, ein Polyprotein. Erst ein Enzym schneidet es in mehrere Teile, unter denen dann das krankmachende Gift ist. Aus einer ungefährlichen Vorstufe wird auf diese Weise erst dann eine schädliche Substanz, wenn der Erreger sie benötigt. Der Leibniz-Forschungsverbund würdigt mit dem Preis die detektivische Kleinarbeit der Wissenschaftler.
Wie gefährlich ist das Gift für den Menschen?
Je nach Person ist das unterschiedlich. Bei vielen Frauen, sehr jungen oder alten Menschen oder auch bei Aids-Erkrankten kann der Pilz oberflächliche Infektionen hervorrufen. Schwer immungeschwächte Patienten können sogar lebensgefährliche Infektionen erleiden.
Welche Möglichkeiten ergeben sich aus den neuen Forschungen?
Die Wissenschaftler hoffen, einen entscheidenden Schritt weiter zu sein, um die Krankheitsmechanismen infektiöser Pilze besser zu verstehen und künftig möglicherweise Therapien ableiten zu können. Geprüft werden soll auch, ob Candidalysin auch auf Bakterien wirkt oder es einen Austausch zwischen dem Gift und Bakterien in gemeinsamen Lebensräumen wie dem menschlichen Darm gibt.
Was wird im LeibnizInstitut für NaturstoffForschung und Infektionsbiologie noch erforscht?
Die Wissenschaftler widmen sich der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen nach Angaben des Instituts die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe verändert. (kad)