Thüringische Landeszeitung (Jena)
Käuzchenberg-Wein trotzt dem späten Frost
Frühjahrstemperaturen noch mal im Keller: Weinbauern in Zwätzen sind wohl „mit einem blauen Auge davongekommen“
JENA. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen.“– Nach den Minustemperaturen der Vorwoche hat Reinhard Bartsch gestern diese erste Einschätzung gewagt zu möglichen Frostschäden im ältesten Jenaer Weinberg – dem Käuzchenberg in Zwätzen.
Der Vorsitzende des Vereins Weinberg Zwätzen nimmt auf dem Hang von knapp einem Hektar Rebfläche Weinstock um Weinstock unter die Lupe und erläutert: Wo das Auge – also die Knospe – noch geschlossen ist, sei die Pflanze relativ frostsicher; da würden auch schon mal kurzzeitig minus 15 bis minus 25 Grad überstanden.
Anders auf der nächsten Stufe: Das Grün eines begonnenen Austriebes sei sehr empfindlich auf Minusgrade. Doch sei der in der vorigen Frostwoche am Berg gemessene Niedrigstwert wohl nicht ganz so dramatisch: „Minus 1,6 – das ist wenig. Unsere Lage mit Südhang und dem guten Kleinklima hilft uns da.“
Dennoch bleibt Bartsch zurückhaltend: In welchem Ausmaß das Gescheine – so des Winzers Begriff für den Blütenstand – beschädigt wurde, lasse sich noch nicht genau sagen. Die ersten Austriebe hätten aber „fast alle einen Klatsch weg“, so umschreibt Reinhard Bartsch das eine oder andere braune Fleckchen auf dem zart umhüllenden Grün.
Um so besser lasse sich das Drama in Süddeutschland beschreiben. „Dort waren die Austriebe schon viel weiter. Und da drauf dann minus 4 Grad! Das ist tödlich.“
Der Müller-Thurgau, der zur Hälfte den Käuzchenberg dominiert, und der rote Portugieser, sagt Bartsch, seien frostempfindlicher im Gegensatz etwa zum Weißburgunder, auf den im Übrigen viele der 21 Vereinsmitstreiter umgestiegen seien. „Der Weißburgunder kommt mit unserer Lage super zurecht. Hier liegen wir immer weit über dem geforderten Mostgewicht.“Nicht bei unter 90 Grad Oechsle ernten, so laute die Maßgabe. 105 Grad Oechsle für den Weißburgunder vom Käuzchenberg seien indes normal. Und so sei man stolz, dass dieser Wein bei der mitteldeutschen Gebietsweinprämierung zuletzt eine Silbermedaille zuerkannt bekommen hat. „Gold hatte da niemand bekommen.“
Auch typisch Käuzchenberg beim Thema Rotwein: Portugieser und Dornfelder würden zusammen gekeltert, erläutert Bartsch. „Zwei Drittel bis drei Viertel Portugieser für den guten Geschmack und ein Drittel bis ein Viertel Dornfelder für die gute Farbe.“Eine gewisse Gelassenheit in der Frage der Ertragsmenge verhehlt Bartsch nicht. „Wir sind in der Landwirtschaft. Da kann man dann auch schön zum Herrgott beten; aber der hat sich auch nicht immer dran gehalten.“Hinzu komme allzeit, dass die Trauben vom oberen Berg beim Mostgewicht wegen des anderen Klimas 5 bis 10 Oechsle weniger aufweisen als die Trauben vom unteren Berg. Und ein Wort zur Lese: Vorigen Herbst zum Beispiel gab der Berg nur 2,5 statt der üblichen 5 Tonnen Müller-Thurgau her, zudem aber eine Tonne Weißburgunder und 1,2 Tonnen Rotwein, berichtet Reinhard Bartsch.
Wahre Frost-Dramen habe es am Käuzchenberg auch schon gegeben: 1984 – vier Jahre nach Gründung als DDR-Kleingartensparte – sei der Bestand „bis runter auf die Stöcke“komplett erfroren. Und auch 1996 nach langwierig strengem Frost im höher zweistelligen Bereich „war die Hälfte weg“.
Welch große Hoffnung diese kurzzeitig minus 1,6 Grad da doch lassen!