Thüringische Landeszeitung (Jena)
Salz und Würze fehlen – ist Großmutter jetzt dement?
Klinik für Geriatrie am Uniklinikum Jena begeht Zehnjähriges – Ganzheitliches Konzept wird unter anderem vorgestellt in Symposium
JENA. Plötzlich schmeckt Großmutters Essen merkwürdig. Alle Familienmitglieder bemerken es und befürchten das Schlimmste: Ist Großmutter jetzt dement? Muss sie ins Pflegeheim?
„Viele wissen nicht, dass es zu den altersbedingten physiologischen Veränderungen gehört, dass sich auch der Geschmack ändert“, erklärt Anja Kwetkat, kommissarische Direktorin der Klinik für Geriatrie am Uniklinikum Jena (UKJ). Oma kann ihr Leben trotz der ungewohnten Gewürzmischung also durchaus noch gut im Griff haben.
Fehleinschätzungen und Vorurteilen zu begegnen, ist Kwetkat gewohnt. Generell herrsche große Unwissenheit darüber, wie sich alternde Menschen körperlich und psychisch wandeln. „Viele Symptome haben oft andere Ursachen, als die Angehörigen vermuten.“
Aber auch, was in einer geriatrischen Klinik geschieht, erfordere viele erklärende Gespräche, so Kwetkat. Als 2007 die Klinik für Geriatrie in Jena gegründet wurde, im Januar 2008 die erste Station mit 20 Betten und im April die zweite Station mit 19 Betten eröffnet, war sie eine der wenigen Einrichtungen dieser Art an einem Uniklinikum. Bei einem Symposium zum zehnjährigen Bestehen der Klinik morgen in den Rosensälen wird die Chefärztin unter anderem auf diese Anfänge zurückblicken.
„Der diagnostische Prozess spielt bei uns eine große Rolle“, sagt Kwetkat. Es gehe um weit mehr, als die betagten Patienten nur „gut zu versorgen“. „Wir sind keine Reha-Einrichtung, medizinische Fragen nehmen einen großen Raum ein“, erklärt Kwetkat. Ziel des ganzheitlichen Konzepts sei es, die Gesundheit, das Wohlbefinden, die Selbstständigkeit und die Mobilität so weit wie möglich wiederherzustellen. Neben Ärzten und Pflegekräften steuern Logopäden, Ergo- und Physiotherapeuten, Mitarbeiter des Sozialdienstes und der Neuropsychologie ihr Wissen bei.