Thüringische Landeszeitung (Jena)
Neonazis unterwandern Erfurter Wohngebiet
Studie der Ostbeauftragten sieht Herrenberg am Stadtrand als „HotSpot“für Rechtsextreme
ERFURT/JENA. Der Sozialwissenschaftler Matthias Quent, Leiter des Institutes für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena, sieht in der neuen Studie zu Ursachen des Rechtsextremismus in Ostdeutschland eine Bestätigung zahlreicher Studien.
In Berlin hatte die Ostbeauftragte der Bundesregierung, die Thüringerin Iris Gleicke (SPD), das in ihrem Auftrag erstellte Papier gestern vorgestellt. Stark fokussieren die Wissenschaftler des Institutes für Demokratieforschung Göttingen dabei auf den Erfurter Herrenberg als ein Kerngebiet für die Infiltrierung eines ganzen Stadtteils durch rechtsextreme Gruppierungen. Als Beispiel dafür wird der extrem rechte Verein Volksgemeinschaft e.V. genannt.
Quent sagt auf TLZ-Anfrage mit Blick auf die Studienaussagen: Ein Teil der Studienergebnisse sei zwar nicht neu, sie zeigten „aber vor allem das Transferund Umsetzungsdefizit im politischen Alltag“.
Speziell zum Herrenberg analysiert er: „Wichtig ist es, nichtrechte Alternativen vor Ort zu stärken und geschützte Freiräume zur Entwicklung einer nichtrechten Gegenkultur zu schaffen.“Es dürfe nicht sein, dass „extrem rechte Bewegungsunternehmer der Bevölkerung attraktivere Angebote machen als die Stadt und die Zivilgesellschaft“, so Quent. So liest sich die Studie zum Beispiel an der Stelle, an der mehrere Bewohner des Gebietes anonym zu Wort kommen und Neonazis loben – seit diese da seien, sei der Stadtteil sauberer.
Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) und Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer erklärten, die Studie sei ein wichtiger Beitrag, um rechtsextremen Entwicklungen entgegenzutreten.