Thüringische Landeszeitung (Jena)
Kein Pauschalurteil
Rechtsextremismus detailliert untersuchen
Wieder eine Studie. Wieder der Osten Deutschlands. Wieder Rechtsextremismus. Lassen sich die Ergebnisse der Untersuchung, die von der Ostbeauftragten der Bundesregierung, Iris Gleicke, beauftragt wurde, auf diesen Nenner bringen?
Zumindest steht fest:
Das Dauerthema Rechtsextremismus in Ostdeutschland ermüdet und es macht teilweise wütend. Denn: Oftmals schwingen in Präsentationen vor allem Vorverurteilungen mit – man könnte sagen: Es wird versucht, die Meinung, alle Ostdeutschen sind Nazis, salonfähig zu machen.
Bei aller Härte in der Debatte: Das geht nicht. Pauschalverurteilungen sind auch in diesem Bereich unangebracht. Wie überall anders auch.
Dennoch: Es gibt gute Argumente dafür, über den Rechtsextremismus in Ostdeutsch land eine intensive Ursachenforschung zu betreiben. Neben den Ereignissen Freital und Heidenau in Sachsen bietet auch Thüringen an mehr als einer Stelle Anlass, genauer hinzuschauen. Der Erfurter Herrenberg wird in der Studie als exponiertes Beispiel herausgehoben. Genauso beachtenswert wären andere Orte – beispielsweise das Eichsfeld oder Nordhausen, vor allem Kahla und Kirchheim.
Bei aller Ursachenforschung und offener Problembenennung muss aber im Fokus stehen, dass Pauschalurteile nicht im Ansatz weiterhelfen, rechtsextremen Entwicklungen entgegenzutreten. Eine Detailbetrachtung, wie sie in der Untersuchung der Göttinger Wissenschaftler vorgenommen wird, hilft offenbar deutlich besser – und sie stigmatisiert nicht pauschal Menschen, die in Ostdeutschland leben. Genau das haben diese nicht verdient.