Thüringische Landeszeitung (Jena)
Bahn verspricht mehr Komfort
Die künftigen ICESprinter zwischen Berlin und München werden aufgerüstet – Ab Dezember Tempo 300 möglich
NÜRNBERG. Dichtes Gedränge gestern Mittag in Nürnberg auf den Bahnsteigen. Mehrere ICE aus Richtung München verspäten sich. Sie wurden aufgehalten, weil ein defekter Zug nur deutlich langsamer fahren konnte.
Zwischen den Reisenden lächelt etwas süßsauer ein freundlicher Mann, Berthold Huber ist Bahnvorstand und für den Personenverkehr zuständig. Bis zum Betreten des Bahnsteigs hatte der Manager gute Laune. Denn zuvor konnte er miterleben, dass die Rosskur für seine in die Jahre gekommenen ICE-3Züge funktioniert.
Doch was nützen die schnellsten Sprinter, seien sie auch noch so gut aufgepeppt, wenn die Züge auf einer ICE-Rennstrecke vom langsameren Verkehr ausgebremst werden. Und so erlebte der Bahnvorstand gestern auch das, worunter zahlreiche Reisende immer wieder zu leiden haben: Zugverspätungen.
210 Millionen Euro für den Umbau
Doch mit dem 10. Dezember dieses Jahres soll zumindest zwischen München und Berlin und damit auch für Erfurt alles anders werden. Die Hochgeschwindigkeitsstrecke geht in Betrieb. Nur das „neueste Material“soll auf dieser Strecke fahren, heißt es. Das werden die ICE-4-Züge sein.
Für die drei superschnellen Fahrten pro Tag sollen in Nürnberg gerade aufgepeppte alte ICE-3-Züge fahren. Den 15 Jahre alten Rennpferden der Bahn, nur diese Züge schaffen Tempo 300, soll man ihr Alter weder ansehen noch anmerken. Fast komplett entkernt wird teils neue, modernere Technik eingebaut. Künftig gibt es wieder ein Bordrestaurant, große übersichtliche Anzeigemonitore kommen hinzu, schnelles W-Lan und mehr Sitzplätze – ohne dass die Beinfreiheit leidet. Einzig auf die Möglichkeit, Fahrräder mitzunehmen, verzichtet die Bahn in diesem Zugsegment.
Die aufgerüsteten ICE sollen weitere 15 Jahre durch Deutschland rasen. Bertold Huber betont, dass die Beinfreiheit in den ICE auch nach dem Umbau größer sei als im Verkehrsflugzeug. Es ist kein Zufall, dass der Manager diesen Vergleich wählt. Will doch die Bahn den Airlines mit schnellen innerdeutschen Verbindungen die Kunden abjagen. Berlin – München unter vier Stunden würde jedes Flugzeug schlagen, denn Bahnhöfe liegen im Gegensatz zu den Flughäfen in den Innenstädten.
Das funktional designte Wageninnere der ICE samt Platzangebot, schnellem Internet, aber auch die Bewegungsfreiheit sowie das Bordrestaurant sind in diesem Wettbewerb Argumente für die Bahn. Der Konzern rechnet auf den Schnellverbindungen mit weiter steigenden Passagierzahlen. Allein für die ersten drei Monate dieses Jahres verkündete Huber eine erneute Steigerung.
Deshalb hat das Unternehmen bis 2020 mit 210 Millionen Euro für das ICE-3-Umbauprogramm auch richtig viel Geld in die Hand genommen. Bleibt nun nur zu hoffen, dass damit auf der künftigen ICE-Trasse auch weniger defekte Züge unterwegs sind, die alles ausbremsen.