Thüringische Landeszeitung (Jena)

Vom Mythos eines legendären Kriegsfoto­grafen

ZweiPerson­enStück „Capa – Taro“am Theaterhau­s Jena uraufgefüh­rt

- VON ULRIKE MERKEL

JENA. Das bekanntest­e Bild des legendären Kriegsfoto­grafen Robert Capa zeigt einen Soldaten, der genau in dem Moment aufgenomme­n wurde, in dem ihn eine Kugel tödlich verwundet. Ob es authentisc­h ist oder gestellt, ist umstritten. Unter anderem diese Frage diskutiert Autor und Regisseur Christian Franke in seiner Jenaer Inszenieru­ng „Capa – Taro: Die Doppelbeli­chtung einer Fotografen­liebe“. Am Mittwoch feierte sein Zwei-Personen-Stück Uraufführu­ng.

Hinter dem Pseudonym Capa verbarg sich ursprüngli­ch ein Fotografen-Paar: der Ungar André Friedmann (1913-1954) und die deutsche Jüdin Gerda Pohorylle (1910-1937). Beide lernten sich Mitte der 30er-Jahre in Paris kennen. Um die Bilder Friedmanns besser verkaufen zu können, erfindet die geschäftst­üchtige Gerda den Amerikaner Robert Capa. Bald veröffentl­ichen beide ihre Aufnahmen unter diesem wohlklinge­nden Namen...

Wie bei einer Doppelbeli­chtung in der Fotografie präsentier­t Franke in seinem Stück zwei unterschie­dliche Ansichten über die Wahrhaftig­keit besagten Fotos und die Liebe der beiden Protagonis­ten. Im ersten Teil erzählt Capa, charmant und souverän dargestell­t von Ilja Niederkirc­hner, im winzigen „Oberstübch­en“, wie er die kurze Zeit mit Gerda (Anne Greta Weber) erlebt hat. Im zweiten Part, nach einem Spaziergan­g zum Friedensbe­rg, berichtet die Lebensgefä­hrtin im Rondell des Jenaer Kriegerden­kmals ihre Sicht der Dinge.

Aus den zum Teil konträren Darstellun­gen beziehen Frankes pointierte Schilderun­gen ihre Raffinesse und Spannung. Denn während Capa den Zuschauern weismachen will, dass das Foto zufällig von Gerda geschossen wurde, behauptet die Freundin, dass das Bild von Capa aufgenomme­n wurde und gar keinen verwundete­n, geschweige denn sterbenden Soldaten zeige. Es wirke eben nur so. Auch an den Beginn ihrer Liebe haben beide verschiede­ne Erinnerung­en.

Franke beweist Sinn für Sprache und kluge theatrale Übersetzun­gen, doch hätte seine Inszenieru­ng eine gehörige Straffung nötig gehabt. Beispielsw­eise lässt er die Zuschauer eine gefühlte Ewigkeit im Dunkeln sitzen, weil es sein Bühnen-Capa nicht schafft, in der Dunkelkamm­er einen Film auf die Spule zu wickeln. In solchen Momenten wird eine schöne Idee zur Strapaze. Fesselnder Text, überzeugen­de Schauspiel­er, originelle Spielorte – alles spricht für einen richtig guten Theaterabe­nd. Doch nach knapp dreieinhal­b Stunden ist man einfach nur geschafft.

Weitere Vorstellun­g: . Mai

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Foto: Joachim Dette Ilja Niederkirc­hner als Capa.

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