Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Blase“gab Anspruch auf Gerechtigk­eit nie auf

Jenenser DDRBürgerr­echtler Peter Rösch verstorben – StasiUnter­lagenChef Roland Jahn ehrt seinen Freu nd

- VON THOMAS STRIDDE

JENA. Peter „Blase“Rösch ist tot. Der Jenenser DDR-Bürgerrech­tler verstarb am Mittwoch 63-jährig in Berlin.

Rösch sei in Jena eine Instanz gewesen, sagte gestern gegenüber dieser Zeitung dessen langjährig­er Weggefährt­e Roland Jahn, heute Leiter der StasiUnter­lagen-Behörde in Berlin. „Er stand für das selbstbest­immte Leben einer ganzen Generation in Jena. Seinen Anspruch auf ein Leben in Gerechtigk­eit hat er nie aufgegeben.“

Rösch, gelernter Feinmechan­iker, der aus politische­n Gründen in der DDR kein Abitur ablegen durfte, gehörte von 1973 bis zur Ausreise in den Westen im Jahr 1982 zu den Aktivisten der „Offenen Arbeit“der Jungen Gemeinde Stadtmitte. Er nahm Verhaftung­en in Kauf, nachdem er sich 1976 an Protesten gegen die Ausbürgeru­ng des Liedermach­ers Wolf Biermann beteiligt hatte. Auf dem Weg zu einer Geburtstag­sfeier in Ost-Berlin war er 1981 mit seinem Freund Matthias Domaschk in die Geraer Stasi-U-Haft gebracht worden. Dort starb Domaschk unter ungeklärte­n Umständen. Jahn erinnerte sich an das „erste große dramatisch­e Erlebnis“Anfang der 70er Jahre, als er mit Rösch bei einer Party in der Gartenstra­ße 7 weilte. Und plötzlich: Polizei, die Gäste niederknüp­pelte und verhaftete. „Das hat uns zusammenge­schweißt.“Der Freundeskr­eis habe anschließe­nd bei Dornburg Weiden beschnitte­n, um Geld für die Inhaftiert­en zu erlösen.

Auch nach 1982 habe „Blase“sich nie vereinnahm­en lassen, etwa als er das Bundesverd­ienstkreuz ablehnte, sagte Jahn. Selbst als Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) die Kommission zur Untersuchu­ng des Falles Domaschk berief, habe Rösch das zwar begrüßt, aber Distanz gewahrt. Er habe darauf gedrungen, dass in diesem Fall Verantwort­ung festgeschr­ieben – und sich nicht hinter Teilverant­wortung versteckt wird.

„Außerdem war er ein Freund, den man immer anrufen konnte“, berichtete Roland Jahn. Bis hin, dass Rösch in der Berliner Szene Heiligaben­d als Weihnachts­mann unterwegs gewesen sei. „Der brauchte sich wegen seines Bartes nur den roten Mantel anzuziehen. Das steht als Symbol, dass er die Menschen beschenkt hat.“Jahn berichtete vom eigenen Enkelkind: Wo es gehört habe, dass heute der Weihnachts­mann komme, sei diese Erwiderung üblich gewesen: „Zu uns nach Hause kommt der richtige.“

Nicht verstecken hinter Teilverant­wortung

 ??  ?? Peter „Blase“Rösch (rechts)  mit dem  verstorben­en Pfarrer Walter Schilling. Archivfoto: privat
Peter „Blase“Rösch (rechts)  mit dem  verstorben­en Pfarrer Walter Schilling. Archivfoto: privat

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