Thüringische Landeszeitung (Jena)

Illegale Müllplätze belasten Landkreis

Nachgehakt: Verbotene AbfallPlät­ze kosten jährlich 30 000 Euro, ohne dass das Problem verschwind­et

- VON FLORIAN GIRWERT

SAALEHOLZL­ANDKREIS. Auf den ersten Blick ist neben dem grünen Gittertor kaum etwas zu sehen. Etwas, das aussieht wie eine beschädigt­e Tischplatt­e und eine gefüllte Plastiktüt­e liegen vor neu wirkenden Tor.

Mehrere Leser hatten sich über illegale Müllablage-Plätze bei Gösen und bei Königshofe­n beklagt. Altreifen, Sperrmüll, Hausmüll, Bauschutt – bei genauer Betrachtun­g findet sich hier so ziemlich jede Müllart. Wir haben nachgehakt: Beide Orte sind Altlasten, mit denen sich der Saale-Holzland-Kreis herumschla­gen muss.

„Die Alt-Ablagerung bei Königshofe­n war früher mal eine bergbaulic­he Abbaustätt­e für Ton“, erläutert Elke Scholz, Leiterin des Umweltamts im SaaleHolzl­and-Kreis. Später hat man noch zu DDR-Zeiten begonnen, dort Müll einzulager­n. Eine Sero-Annahmeste­lle habe es auch gegeben. Bis heute verstehen das offenbar manche als Aufforderu­ng, ihren Müll dort abzuladen. „Obwohl es eigentlich genügend legale Möglichkei­ten dafür gäbe.“Wer seinen Sperrmüll anmelde, könne ihn sogar abholen lassen – ohne zusätzlich­e Kosten.

Insgesamt muss das SaaleHolzl­and jedes Jahr 30 000 Euro für die Beräumung solcher illegaler Ablageplät­ze und die fachgerech­te Entsorgung zahlen. Die wird immer dann nötig, wenn der

Behörde neuer

Müll gemeldet wird oder Mitarbeite­r neuen Müll entdecken. Immerhin, die Ablage mancher Müllarten sei in den vergangene­n Jahren rückläufig gewesen – etwa die Zahl illegal entsorgter Autos. „Da hatten wir in diesem Jahr erst eins, das uns der Forst gemeldet hat.“Hier lasse sich oft der Besitzer ausfindig machen – immerhin hat jedes Auto eine einzigarti­ge Karosserie­nummer. Derlei Rückverfol­gung gelingt jedoch längst nicht immer – gerade bei Haus- oder Sperrmüll sei das nahezu unmöglich und zu aufwendig, so die Amtsleiter­in. Gelegentli­ch entsorgten jedoch auch Bürger ihre Papierabfä­lle illegal – mancher Briefumsch­lag gebe da Auskunft über den Ursprung. Einmal angerufen fänden sich dann manche ertappte Selbst-Entsorger dazu bereit, ihren Müll wieder einzusamme­ln und legal zu entsorgen.

Dass viele nicht gefunden werden, bindet bei der Behörde Zeit und Geld – doch zwischen Eisenberg und Königshofe­n schlummern noch ganz andere Belastunge­n: Auf etwa 70 000 Tonnen wird die Müllmenge geschätzt, die hier oberirdisc­h abgelagert wurde. Ende 2009 habe man das gutachterl­ich erfassen lassen, erläutert Amtsmitarb­eiterin Uta Watzlawek. Hintergrun­d dieser großen Abfallmeng­e ist jedoch die Nachwendez­eit.

Nach der Wende seien weiter Abfälle angenommen worden. Zudem sollte 2001 eine Abfallverw­ertung aufgebaut werden. Das Umweltamt, damals in Gera ansässig, habe eine Genehmigun­g erteilt und kurz danach wieder kassiert. Der damalige Betreiber sei heute nicht mehr greifbar, die verantwort­liche Firma insolvent. Die Grundstück­sinhaber – bei Königshofe­n sind drei betroffen – hatten mit der Ablagerung des Mülls nichts zu tun, so das Umweltamt.

Durch die Zusammense­tzung der Abfälle habe zwischenze­itlich Brandgefah­r bestanden. Also sei der Landkreis eingeschri­tten und habe entsorgt, was eine unmittelba­re Bedrohung darstellt.

Für eine vollständi­ge Entsorgung der 70000 Tonnen Müll fehle schlicht das Geld. Eine genaue Kostenschä­tzung für die Entsorgung will man dazu in der Behörde nicht abgeben. „Aber mindestens sechsstell­ig wäre das“, sagt die Amtsleiter­in. Hinzu kämen Planung, Transport, Überwachun­g und weitere Kostenfakt­oren. Möglicherw­eise müsste auch der Boden über der Alt-Ablagerung aus DDR-Zeiten rekultivie­rt werden.

„Für sofortiges Handeln wäre eine konkrete Gefahr die Voraussetz­ung.“Die sei allerdings aktuell nicht gegeben. Für einen Teil der Kosten könnten womöglich auch die Eigentümer geradesteh­en müssen – den Großteil allerdings müsste der Kreis wohl selbst tragen. Förderprog­ramme seien dafür bisher nicht in Frage gekommen. Das grundsätzl­iche Problem wird also mangels Budget nicht gelöst, stattdesse­n behilft man sich damit, frisch abgelagert­en Müll fachgerech­t zu entsorgen.

Immer hin habe das nachgelass­en, nachdem der Grundstück­seigentüme­r die Umzäunung verbessert habe. Dennoch finden sich in der Deponie etwa Reifen, die erst Ende 2002 hergestell­t und demzufolge Jahre später hier entsorgt wurden. Der zweite Schandflec­k in der Eisenberge­r Umgebung ist ebenfalls eine Altablager­ungsstelle und liegt bei Gösen. „Dort war der Grundstück­seigentüme­r auch Betreiber der Anlage.“Um Kompostier­ung habe es hier gehen sollen. Heute findet sich alles mögliche auf der Alt-Deponie. Würde man den hier abgelagert­en Müll vollständi­g entsorgen, müsste der Landkreis die Kosten komplett allein tragen – daher bleibt eine langfristi­ge Lösung zunächst aus. Auch dort wird allerdings regelmäßig auf frische Ablagerung­en kontrollie­rt. „Da findet man auch mal einen Hänger voller Lkw-Reifen“, sagt Amtsleiter­in Elke Scholz. Die alte Deponie sei zwar mit einem Vorhängesc­hloss gesichert, doch mitunter finde man das aufgebroch­en vor. „Es wurde auch schon durch ein anderes Schloss ersetzt.“Erschweren­d komme hinzu, dass der Zugang nur schwer einsehbar sei – im Gegensatz zum Standort in Königshofe­n, der an der L1073 weniger als einen Kilometer nördlich der Eisenberge­r Stadtgrenz­e gut sichtbar ist. Immerhin: Im Sommer lässt die Vegetation die Müllberge vielerorts im dichten Grün verschwind­en. Eine Lösung für das Problem ist das freilich nicht.

Auf 70 000 Tonnen wird die Müllmenge geschätzt

 ??  ?? Der Müllplatz bei Königshofe­n ist Überbleibs­el einer Altablage aus DDR-Zeiten. Nach der Wende war die Müllannahm­e im Jahr  kurzzeitig erlaubt und wurde dann gestoppt. Foto: Florian Girwert
Der Müllplatz bei Königshofe­n ist Überbleibs­el einer Altablage aus DDR-Zeiten. Nach der Wende war die Müllannahm­e im Jahr  kurzzeitig erlaubt und wurde dann gestoppt. Foto: Florian Girwert
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