Thüringische Landeszeitung (Jena)
Illegale Müllplätze belasten Landkreis
Nachgehakt: Verbotene AbfallPlätze kosten jährlich 30 000 Euro, ohne dass das Problem verschwindet
SAALEHOLZLANDKREIS. Auf den ersten Blick ist neben dem grünen Gittertor kaum etwas zu sehen. Etwas, das aussieht wie eine beschädigte Tischplatte und eine gefüllte Plastiktüte liegen vor neu wirkenden Tor.
Mehrere Leser hatten sich über illegale Müllablage-Plätze bei Gösen und bei Königshofen beklagt. Altreifen, Sperrmüll, Hausmüll, Bauschutt – bei genauer Betrachtung findet sich hier so ziemlich jede Müllart. Wir haben nachgehakt: Beide Orte sind Altlasten, mit denen sich der Saale-Holzland-Kreis herumschlagen muss.
„Die Alt-Ablagerung bei Königshofen war früher mal eine bergbauliche Abbaustätte für Ton“, erläutert Elke Scholz, Leiterin des Umweltamts im SaaleHolzland-Kreis. Später hat man noch zu DDR-Zeiten begonnen, dort Müll einzulagern. Eine Sero-Annahmestelle habe es auch gegeben. Bis heute verstehen das offenbar manche als Aufforderung, ihren Müll dort abzuladen. „Obwohl es eigentlich genügend legale Möglichkeiten dafür gäbe.“Wer seinen Sperrmüll anmelde, könne ihn sogar abholen lassen – ohne zusätzliche Kosten.
Insgesamt muss das SaaleHolzland jedes Jahr 30 000 Euro für die Beräumung solcher illegaler Ablageplätze und die fachgerechte Entsorgung zahlen. Die wird immer dann nötig, wenn der
Behörde neuer
Müll gemeldet wird oder Mitarbeiter neuen Müll entdecken. Immerhin, die Ablage mancher Müllarten sei in den vergangenen Jahren rückläufig gewesen – etwa die Zahl illegal entsorgter Autos. „Da hatten wir in diesem Jahr erst eins, das uns der Forst gemeldet hat.“Hier lasse sich oft der Besitzer ausfindig machen – immerhin hat jedes Auto eine einzigartige Karosserienummer. Derlei Rückverfolgung gelingt jedoch längst nicht immer – gerade bei Haus- oder Sperrmüll sei das nahezu unmöglich und zu aufwendig, so die Amtsleiterin. Gelegentlich entsorgten jedoch auch Bürger ihre Papierabfälle illegal – mancher Briefumschlag gebe da Auskunft über den Ursprung. Einmal angerufen fänden sich dann manche ertappte Selbst-Entsorger dazu bereit, ihren Müll wieder einzusammeln und legal zu entsorgen.
Dass viele nicht gefunden werden, bindet bei der Behörde Zeit und Geld – doch zwischen Eisenberg und Königshofen schlummern noch ganz andere Belastungen: Auf etwa 70 000 Tonnen wird die Müllmenge geschätzt, die hier oberirdisch abgelagert wurde. Ende 2009 habe man das gutachterlich erfassen lassen, erläutert Amtsmitarbeiterin Uta Watzlawek. Hintergrund dieser großen Abfallmenge ist jedoch die Nachwendezeit.
Nach der Wende seien weiter Abfälle angenommen worden. Zudem sollte 2001 eine Abfallverwertung aufgebaut werden. Das Umweltamt, damals in Gera ansässig, habe eine Genehmigung erteilt und kurz danach wieder kassiert. Der damalige Betreiber sei heute nicht mehr greifbar, die verantwortliche Firma insolvent. Die Grundstücksinhaber – bei Königshofen sind drei betroffen – hatten mit der Ablagerung des Mülls nichts zu tun, so das Umweltamt.
Durch die Zusammensetzung der Abfälle habe zwischenzeitlich Brandgefahr bestanden. Also sei der Landkreis eingeschritten und habe entsorgt, was eine unmittelbare Bedrohung darstellt.
Für eine vollständige Entsorgung der 70000 Tonnen Müll fehle schlicht das Geld. Eine genaue Kostenschätzung für die Entsorgung will man dazu in der Behörde nicht abgeben. „Aber mindestens sechsstellig wäre das“, sagt die Amtsleiterin. Hinzu kämen Planung, Transport, Überwachung und weitere Kostenfaktoren. Möglicherweise müsste auch der Boden über der Alt-Ablagerung aus DDR-Zeiten rekultiviert werden.
„Für sofortiges Handeln wäre eine konkrete Gefahr die Voraussetzung.“Die sei allerdings aktuell nicht gegeben. Für einen Teil der Kosten könnten womöglich auch die Eigentümer geradestehen müssen – den Großteil allerdings müsste der Kreis wohl selbst tragen. Förderprogramme seien dafür bisher nicht in Frage gekommen. Das grundsätzliche Problem wird also mangels Budget nicht gelöst, stattdessen behilft man sich damit, frisch abgelagerten Müll fachgerecht zu entsorgen.
Immer hin habe das nachgelassen, nachdem der Grundstückseigentümer die Umzäunung verbessert habe. Dennoch finden sich in der Deponie etwa Reifen, die erst Ende 2002 hergestellt und demzufolge Jahre später hier entsorgt wurden. Der zweite Schandfleck in der Eisenberger Umgebung ist ebenfalls eine Altablagerungsstelle und liegt bei Gösen. „Dort war der Grundstückseigentümer auch Betreiber der Anlage.“Um Kompostierung habe es hier gehen sollen. Heute findet sich alles mögliche auf der Alt-Deponie. Würde man den hier abgelagerten Müll vollständig entsorgen, müsste der Landkreis die Kosten komplett allein tragen – daher bleibt eine langfristige Lösung zunächst aus. Auch dort wird allerdings regelmäßig auf frische Ablagerungen kontrolliert. „Da findet man auch mal einen Hänger voller Lkw-Reifen“, sagt Amtsleiterin Elke Scholz. Die alte Deponie sei zwar mit einem Vorhängeschloss gesichert, doch mitunter finde man das aufgebrochen vor. „Es wurde auch schon durch ein anderes Schloss ersetzt.“Erschwerend komme hinzu, dass der Zugang nur schwer einsehbar sei – im Gegensatz zum Standort in Königshofen, der an der L1073 weniger als einen Kilometer nördlich der Eisenberger Stadtgrenze gut sichtbar ist. Immerhin: Im Sommer lässt die Vegetation die Müllberge vielerorts im dichten Grün verschwinden. Eine Lösung für das Problem ist das freilich nicht.
Auf 70 000 Tonnen wird die Müllmenge geschätzt