Thüringische Landeszeitung (Jena)

Neun Attacken in kurzem Abstand

Zahl der Risse steigt – Schafzücht­er zweifeln an Einzeltier

- VON FABIAN KLAUS

ERFURT. Die Schafzücht­er zweifeln. Nur eine Wölfin soll es in Thüringen geben, die dauerhaft rund um den Truppenübu­ngsplatz bei Ohrdruf lebt. Die Zweifel daran gehen aus dem Forderungs­katalog hervor, den der Schafzücht­erverband an Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) übergeben hat.

Darin warnt der Interessen­verband vor einem übertriebe­nen Wolfsschut­z in Thüringen. „Die ökonomisch­e Situation dieser Landnutzun­gsform ist schwierig, sie darf nicht weiter belastet werden durch Maßnahmen, wie einen übertriebe­nen Wolfsschut­z“, heißt es mit Blick au die Weidetierh­altung.

Der Forderungs­katalog liegt beim Ministeriu­m – und eine erste Maßnahme zum Monitoring soll bereits umgesetzt werden. Am Standortüb­ungsplatz erfolgt die Installati­on eines „dichten Kameranetz­es“, wie ein Ministeriu­msprecher sagt. Damit soll es schnell Klarheit darüber geben, ob die Wölfin bei Ohrdruf alleine lebt oder sich mittlerwei­le in Gesellscha­ft befindet.

Dass das so ist, sehen Thüringens Schafzücht­er durchaus im Bereich des Möglichen. „Die Vielzahl der Übergriffe seit Juli deuten aber auf eine wesentlich höhere Population­sgröße hin“, heißt es vom Verband. Deshalb fordern die Schafzücht­er, das mögliche Verbreitun­gsgebiet des Wolfes deutlich auszudehne­n – auf ganz Thüringen. Zuletzt hatte das auch der CDUAbgeord­nete Stefan Gruhner als Reaktion auf die Regierungs­erklärung der Umweltmini­sterin eingeforde­rt. Der Abschuss des Wolfes dürfe außerdem kein Tabu sein, sagte der Christdemo­krat und forderte „eine unaufgereg­te und sachliche Debatte“über den Wolf ein.

Nachdem aus dem Umweltmini­sterium nach der Vielzahl der Risse seit Juli zunächst in der vergangene­n Woche erste Hilfsmaßna­hmen ergriffen wurden (Ausgabe von Notfallset­s), meldet sich mit der ÖDP sogar eine kaum wahrgenomm­ene Umweltpart­ei zu diesem Thema. In Thüringen könne bei der Problemati­k sehr gut von den Erfahrunge­n lernen, die in den französisc­hen Alpen mit einwandern­den Wölfen aus Süd- und Mittelital­ien gemacht worden seien. „Dort haben Herdenschu­tzhunde entspreche­nd geeigneter Rassen zu einem massiven Rückgang der Zahl der gerissenen Schafe und Ziegen geführt“, sagt der stellvertr­etende Landeschef

„Zum jetzigen Zeitpunkt wäre der Abschuss des Wolfes eine Straftat.“Mitteilung des Umweltmini­steriums

der ÖDP, Martin Truckenbro­dt. Die Anschaffun­g solcher Hunde solle das Land finanziell unterstütz­en. Im Umweltmini­sterium, das war ein Ergebnis des vergangene­n Spitzenges­präches, will man über die Anschaffun­g solcher Tiere beraten.

Solange die nicht angeschaff­t seien, müsse der Freistaat für die durch den Wolf entstanden­en Schäden aufkommen. Ergebe sich durch den Wolf eine konkrete Gefährdung­ssituation, plädiert auch die Öko-Partei für einen Abschuss. „Das muss nicht extra thematisie­rt werden“, sagt Truckenbro­dt.

Im Umweltmini­sterium taucht das Thema immer wieder auf. Ein Sprecher macht deutlich: „Zum jetzigen Zeitpunkt wäre der Abschuss des Wolfes illegal und eine Straftat.“

Seit Juli sind in Thüringen insgesamt neun Attacken bekannt geworden, die insgesamt 53 Schafe und zwölf Ziegen nicht überlebt haben. 2016 hingegen gab es nach Auskunft aus dem Ministeriu­m keinen einzigen Angriff, 2015 zwei, bei denen zwei Ziegen und ein Rind getötet wurden.

Acht der neun Attacken ereigneten sich im 2800 Quadratkil­ometer großen Thüringer Wolfsgebie­t – drei davon können bisher dem Wolf einwandfre­i zugewiesen werden. Bei den anderen stehe der Gen-Nachweis derzeit noch aus, heißt es aus dem Ministeriu­m. Dass aber auch in diesen Fällen die Wölfin Verursache­rin ist, davon wird ausgegange­n. „Warum die Wölfin ihr Verhalten derart verändert hat, das können wir bisher auch nicht mit Sicherheit beantworte­n“, sagt der Ministeriu­mssprecher.

Die Möglichkei­t, in Thüringen weitere Wolfsgebie­te auszuweise­n, besteht indes fort. Allerdings nur dann, wenn auch weitere Wolfsvorko­mmen nachgewies­en werden – so sieht es der seit 2014 existieren­de Management­plan vor. „Dieses Instrument soll auch genutzt werden, wenn weitere Wolfsvorko­mmen nachgewies­en werden“, sagt der Ministeriu­mssprecher.

Bleibt es bei einer Wölfin, wird sich an dem bestehende­n Gebiet nichts ändern. „Das derzeitige Wolfsgebie­t ist großzügig bemessen, wenn man bedenkt dass territoria­le Wolfsrudel in Deutschlan­d im Schnitt Reviergröß­en von 150 bis 250 Quadratkil­ometern in Anspruch nehmen“, so das Ministeriu­m.

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