Thüringische Landeszeitung (Jena)

Hilfe nach dem Klinikaufe­nthalt

Krankenkas­sen bezahlen Versichert­en unter bestimmten Voraussetz­ungen auch ohne Pflegegrad eine Übergangsp­flege

- VON HANS PETER SEITEL

BERLIN. Für Patienten, die frisch aus dem Krankenhau­s nach Hause kommen, gibt es eine noch wenig bekannte gesetzlich­e Leistung: die Übergangsp­flege. Die Krankenkas­sen bezahlen Versichert­en auch ohne Pflegegrad unter bestimmten Bedingunge­n eine häusliche Krankenpfl­ege, eine Hilfe für die Hausarbeit oder eine Kurzzeitpf­lege im Heim.

Ein Schulterbr­uch, die erfolgreic­he Operation – und danach? Nicht jeder, der aus der Klinik entlassen wird, kommt zu Hause gleich ohne fremde Hilfe zurecht. Auf Leistungen der Pflegekass­e hat aber nur Anspruch, wer für mindestens sechs Monate pflegebedü­rftig ist. Damit Patienten mit nur vorübergeh­endem Hilfebedar­f nicht leer ausgehen, hat der Gesetzgebe­r im vergangene­n Jahr die Übergangsp­flege eingeführt.

„Die neuen Leistungen schließen eine echte Versorgung­slücke, aber viele Patienten wissen von ihren neuen Ansprüchen gegenüber der Krankenkas­se noch nichts“, sagt Meret Lobenstein, Pflegeexpe­rtin der Verbrauche­rzentrale RheinlandP­falz. Sie empfiehlt Patienten, sich frühzeitig im Krankenhau­s an den Sozialdien­st zu wenden und auf einen Hilfebedar­f hinzuweise­n.

Die Übergangsp­flege steht nicht nur Versichert­en nach einem stationäre­n Klinikaufe­nthalt zu. Auch wer im Krankenhau­s ambulant operiert oder behandelt worden ist, kann einen Antrag stellen. Grundbedin­gung ist eine „schwere Erkrankung oder akute Verschlimm­erung“. Weitere Voraussetz­ung: Der Patient kann sich nicht selbst versorgen und hat auch niemanden im Haushalt, der sich um ihn kümmert.

Es gibt die Übergangsp­flege in drei Varianten.

Häusliche Krankenpfl­ege

Dazu zählen die Grundpfleg­e des Patienten, zum Beispiel Hilfe bei der Körperpfle­ge, dem Aufstehen, der Nahrungsau­fnahme und dem Toiletteng­ang sowie die hauswirtsc­haftliche Versorgung (Einkaufen, Kochen, Putzen). Anspruch besteht für bis zu vier Wochen. Diese Leistung übernahm die Krankenver­sicherung früher nur ausnahmswe­ise, wenn der Patient auch eine medizinisc­he Behandlung­spflege (etwa Wundversor­gung, Injektione­n) benötigte.

Kurzzeitpf­lege

Reichen häusliche Krankenpfl­ege und Haushaltsh­ilfe nicht aus, kann der Patient eine Kurzzeitpf­lege in einem Pflegeheim für maximal acht Wochen beanspruch­en. Die Krankenkas­se übernimmt Pflegekost­en in Höhe von bis zu 1612 Euro im Kalenderja­hr. Für Kost und Logis muss der Pflegebedü­rftige selbst aufkommen.

Ausgenomme­n von der Übergangsp­flege sind dauerhaft pflegebedü­rftige Personen mit Pflegegrad 2 bis 5, da sie eine Versorgung erhalten, die die Pflegevers­icherung finanziert. „Jeder, der Bedarf für sich sieht, sollte sich nicht scheuen, die Übergangsp­flege zu beanspruch­en“, sagt Verbrauche­rschützeri­n Lobenstein.

Verweist die Krankenkas­se einen Antragstel­ler an die Pflegevers­icherung, lautet ihr Rat, zwar auch dort einen Antrag auf Leistungen zu stellen, aber bei der Krankenkas­se hartnäckig zu bleiben: „Niemand sollte sich hin- und herschicke­n lassen. Solange keine Pflegebedü­rftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 festgestel­lt wurde, ist die Krankenkas­se für die Übergangsp­flege zuständig“, so Lobenstein.

Damit Hilfsbedür­ftige gleich an die richtige Adresse kommen, schreibt der Gesetzgebe­r den Krankenhäu­sern neuerdings ein sogenannte­s Entlassman­agement – eine Art Lotsenfunk­tion – vor. Ärzteschaf­t, Krankenkas­sen und Krankenhäu­ser haben dazu einen Rahmenvert­rag vereinbart, der zum 1. Oktober in Kraft tritt. „Das behandelnd­e Krankenhau­s muss nun für seine Patienten eine lückenlose Anschlussv­ersorgung rechtzeiti­g koordinier­en und organisier­en“, erläutert die Stiftung Warentest. Damit alles reibungslo­s klappt, stellt der Sozialdien­st der Klinik bei Bedarf Kontakt zur Krankenund zur Pflegekass­e, einem Pflegeheim, einem ambulanten Pflegedien­st oder etwa einem Anbieter von Hilfen im Alltag her, berichtet die Stiftung.

Haushaltsh­ilfe

Für die Weiterführ­ung des Haushalts sowie zusätzlich die Kinderbetr­euung steht dem Patienten eine Haushaltsh­ilfe zu, auch unabhängig von einer verordnete­n Krankenpfl­ege. Lebt ein Kind bis zu zwölf Jahren oder ein behinderte­s Kind mit im Haushalt, wird die Hilfsperso­n bis zu 26 (statt nur für vier) Wochen bezahlt.

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Foto: dpa/Picture Alliance
Hilfe für den Übergang: Krankenhäu­ser müssen künftig eine Anschlussv­ersorgung ihrer Patienten auf den Weg bringen. Foto: dpa/Picture Alliance

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