Thüringische Landeszeitung (Jena)
Hilfe nach dem Klinikaufenthalt
Krankenkassen bezahlen Versicherten unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Pflegegrad eine Übergangspflege
BERLIN. Für Patienten, die frisch aus dem Krankenhaus nach Hause kommen, gibt es eine noch wenig bekannte gesetzliche Leistung: die Übergangspflege. Die Krankenkassen bezahlen Versicherten auch ohne Pflegegrad unter bestimmten Bedingungen eine häusliche Krankenpflege, eine Hilfe für die Hausarbeit oder eine Kurzzeitpflege im Heim.
Ein Schulterbruch, die erfolgreiche Operation – und danach? Nicht jeder, der aus der Klinik entlassen wird, kommt zu Hause gleich ohne fremde Hilfe zurecht. Auf Leistungen der Pflegekasse hat aber nur Anspruch, wer für mindestens sechs Monate pflegebedürftig ist. Damit Patienten mit nur vorübergehendem Hilfebedarf nicht leer ausgehen, hat der Gesetzgeber im vergangenen Jahr die Übergangspflege eingeführt.
„Die neuen Leistungen schließen eine echte Versorgungslücke, aber viele Patienten wissen von ihren neuen Ansprüchen gegenüber der Krankenkasse noch nichts“, sagt Meret Lobenstein, Pflegeexpertin der Verbraucherzentrale RheinlandPfalz. Sie empfiehlt Patienten, sich frühzeitig im Krankenhaus an den Sozialdienst zu wenden und auf einen Hilfebedarf hinzuweisen.
Die Übergangspflege steht nicht nur Versicherten nach einem stationären Klinikaufenthalt zu. Auch wer im Krankenhaus ambulant operiert oder behandelt worden ist, kann einen Antrag stellen. Grundbedingung ist eine „schwere Erkrankung oder akute Verschlimmerung“. Weitere Voraussetzung: Der Patient kann sich nicht selbst versorgen und hat auch niemanden im Haushalt, der sich um ihn kümmert.
Es gibt die Übergangspflege in drei Varianten.
Häusliche Krankenpflege
Dazu zählen die Grundpflege des Patienten, zum Beispiel Hilfe bei der Körperpflege, dem Aufstehen, der Nahrungsaufnahme und dem Toilettengang sowie die hauswirtschaftliche Versorgung (Einkaufen, Kochen, Putzen). Anspruch besteht für bis zu vier Wochen. Diese Leistung übernahm die Krankenversicherung früher nur ausnahmsweise, wenn der Patient auch eine medizinische Behandlungspflege (etwa Wundversorgung, Injektionen) benötigte.
Kurzzeitpflege
Reichen häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe nicht aus, kann der Patient eine Kurzzeitpflege in einem Pflegeheim für maximal acht Wochen beanspruchen. Die Krankenkasse übernimmt Pflegekosten in Höhe von bis zu 1612 Euro im Kalenderjahr. Für Kost und Logis muss der Pflegebedürftige selbst aufkommen.
Ausgenommen von der Übergangspflege sind dauerhaft pflegebedürftige Personen mit Pflegegrad 2 bis 5, da sie eine Versorgung erhalten, die die Pflegeversicherung finanziert. „Jeder, der Bedarf für sich sieht, sollte sich nicht scheuen, die Übergangspflege zu beanspruchen“, sagt Verbraucherschützerin Lobenstein.
Verweist die Krankenkasse einen Antragsteller an die Pflegeversicherung, lautet ihr Rat, zwar auch dort einen Antrag auf Leistungen zu stellen, aber bei der Krankenkasse hartnäckig zu bleiben: „Niemand sollte sich hin- und herschicken lassen. Solange keine Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 festgestellt wurde, ist die Krankenkasse für die Übergangspflege zuständig“, so Lobenstein.
Damit Hilfsbedürftige gleich an die richtige Adresse kommen, schreibt der Gesetzgeber den Krankenhäusern neuerdings ein sogenanntes Entlassmanagement – eine Art Lotsenfunktion – vor. Ärzteschaft, Krankenkassen und Krankenhäuser haben dazu einen Rahmenvertrag vereinbart, der zum 1. Oktober in Kraft tritt. „Das behandelnde Krankenhaus muss nun für seine Patienten eine lückenlose Anschlussversorgung rechtzeitig koordinieren und organisieren“, erläutert die Stiftung Warentest. Damit alles reibungslos klappt, stellt der Sozialdienst der Klinik bei Bedarf Kontakt zur Krankenund zur Pflegekasse, einem Pflegeheim, einem ambulanten Pflegedienst oder etwa einem Anbieter von Hilfen im Alltag her, berichtet die Stiftung.
Haushaltshilfe
Für die Weiterführung des Haushalts sowie zusätzlich die Kinderbetreuung steht dem Patienten eine Haushaltshilfe zu, auch unabhängig von einer verordneten Krankenpflege. Lebt ein Kind bis zu zwölf Jahren oder ein behindertes Kind mit im Haushalt, wird die Hilfsperson bis zu 26 (statt nur für vier) Wochen bezahlt.