Thüringische Landeszeitung (Jena)
Merkel lobt große Koalition – SPD setzt auf Konfrontation
Letzte Sitzung des Parlaments vor der Bundestagswahl – Opposition rügt die Regierung für steigende soziale Problemen und die DieselKrise
BERLIN. Wahlkampf im Bundestag: In der letzten Sitzung des Parlaments vor der Wahl am 24. September hat Kanzlerin Angela Merkel im Gegensatz zur SPD eine positive Bilanz der großen Koalition gezogen. „Wir haben eine Menge miteinander erreicht“, sagte sie am Dienstag. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann setzte dagegen auf Konfrontation und forderte einen Machtwechsel. Für die Linke kritisierte Fraktionschefin Sahra Wagenknecht, die Kanzlerin führe einen „Schönwetter-Wohlfühlwahlkampf“. Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir beklagte vor allem Untätigkeit in der Dieselkrise.
Trotz der guten wirtschaftlichen Lage sieht Merkel die Industrienation Deutschland vor großen Herausforderungen. „Wir dürfen uns auf diesen Erfolgen keinesfalls ausruhen“, sagte sie.
Oppermann warf Merkel vor, viele Reformprojekte verhindert oder verwässert zu haben. So habe sie die Mietpreisbremse „bis zur Unkenntlichkeit beschädigt“und verhindert, in der Arbeitswelt ein Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit einzuführen: „Es ist ihre Verantwortung, dass Millionen Frauen in der Teilzeitfalle festsitzen.“Es sei Zeit für einen Machtwechsel, betonte der SPD-Fraktionschef. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz konnte – mangels Bundestagsmandat – nicht in die Debatte eingreifen.
Im außenpolitischen Teil ihrer Rede warnte die Kanzlerin vor Streit innerhalb der EU im Umgang mit der Türkei. Wenn sich Europa „vor den Augen des Präsidenten Erdogan“öffentlich zerstreite, würde dies die europäische Position dramatisch schwächen. „Davon kann ich uns nur abraten“, so die Kanzlerin. Merkel sagte, sie wolle beim EU-Gipfel im Oktober mit den anderen Staats- und Regierungschefs über die künftigen Beziehungen zur Türkei beraten. Das schließe auch einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen ein.
Für die Linksfraktion kritisierte Wagenknecht, die Kanzlerin verweigere sich einer demokratischen Debatte über die Lösung der drängenden sozialen Probleme. Der Anteil derer, die trotz Arbeit ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle beziehen, habe sich während Merkels Amtszeit verdoppelt.
Özdemir sagte, die große Koalition erzwinge durch ihr Nichtstun in der Diesel-Krise Fahrverbote in den Städten. Zudem mahnte Özdemir, den „Kuschel“Kurs mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan zu beenden. (dpa)