Thüringische Landeszeitung (Jena)
Jenaer Energiegespräche
JENA. Ein Tritt in die Pedale und schon rollt das Elektrorad, genannt Pedelec, über den grauen Asphalt. Ganz ohne Anstrengung radele ich damit durch Jenas Innenstadt, denn heute teste ich die Elektromobilität auf dem Drahtesel.
Für die elektronische Unterstützung agiert bei dem Kalkhoff Pro Connect B9 ein Motor der Firma Bosch mit 400 Wattstunden. Erfreulicherweise fällt der Antrieb bei diesem Fahrrad optisch kaum auf. Generell sieht das Gefährt mit seiner Neungang-Kettenschaltung und den Scheibenbremsen ganz sportlich aus.
Sportlich, so fühle ich mich auch während der Fahrt, wie ich ohne Anstrengung auf dem Fahrrad sitze. Jetzt kann ich die mitleidigen Blicke mancher Radler auf dem Pedelec verstehen, wenn sie mich und meinen sonst gefahrenen, alten Drahtesel überholen.
Schnell finde ich heraus, dass die Leistung des Motors von meiner eigenen Kraft abhängt. Je stärker ich in die Pedale trete, desto mehr unterstützt mich der Motor. Wohlgemerkt, ein ziemlich schlaues Fahrrad. Schon nach einigen Runden über den Inselplatz fühlt sich das Gefährt vertraut an und ich probiere mich an den verschiedenen Motoreinstellungen auf dem kleinen Bordcomputer. Im Display wird mir neben den Funktionen eines herkömmlichen Fahrradtachos auch die Motorstufe, in der ich mich befinde, angezeigt.
Im Turbo – dem stärksten Modus angekommen – merke ich wirklich schon bei leichtem Treten, wie das Fahrrad beschleunigt. Fahrtwind braust mir angenehm entgegen. Das macht richtig Spaß. Nach einer Weile bringe ich mich auf den Boden der Tatsachen zurück und schalte den Motor komplett aus. Es fühlt sich ernüchternd an, wieder nur mit Muskelkraft vorwärtskommen zu müssen. Trotz der 23 Kilogramm, die das Fahrrad wiegt, bewege ich mich leichter als gedacht vom Fleck.
Schließlich steige ich ohne Schnappatmung oder Schweißperlen auf der Stirn wieder ab. Auf dem Display leuchtet mir eine Maximalgeschwindigkeit von 28,7 Stundenkilometern entgegen. Fast erschrocken wird bewusst, wie schnell man mit einem Elektrorad wird. Letztlich bin ich froh, dass mir empfohlen wird, einen Helm zu tragen. Denn bei dieser Geschwindigkeit bedeutet ein Sturz schwerste Verletzungen.
Zudem sind laut Experten die Pedelecs bei 25 Stundenkilometern abgeriegelt. Eine höhere Geschwindigkeit ist nur mit Rückenwind möglich. Dank Helm und der einfachen Handhabung habe ich während der Fahrt nicht an der Sicherheit gezweifelt. Erstaunlich, wie entspannt und schnell es per Elektrorad auf der Straße abgeht, wenn ein kleiner Motor hilft. Lediglich die Reichweite verunsichert mich, als ich mich nach der Fahrt erneut durch das Menü tippe. Während vor Beginn der Spritztour noch 130 Kilometer standen, sehe ich nun 65. Nach einigen Minuten besinnt sich die Anzeige wieder und teilt mir eine Reichweite von 124 Kilometern mit.
Trotz dieser Korrektur war die Sorge, der Akku könne nicht reichen, für einige Sekunden da. Doch selbst die Schreckenssekunden können den Fahrspaß nur wenig verringern. Ist E-Mobilität wirklich die Zukunft? Ist elektrisch Fahren auch privat sinnvoll? Wie ist der Stand der Ladetechnik? Diese und andere Fragen mehr stehen im Mittelpunkt der Jenaer Energiegespräche, die am nächsten Montag den Fokus auf die Elektromobilität legen. Neben einem Grußwort der Umweltministemir rin Anja Siegesmund (Bündnisgrüne) spricht André Kliem über Jenas elektromobile Zukunft. Kliem ist Projektkoordinator der Stadtwerke Energie JenaPößneck. Im Anschluss daran diskutieren: Anja Siegesmund, Thüringer Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz, Denis Peisker, Dezernent Stadtentwicklung und Umwelt Jena, Thomas Zaremba, Geschäftsführer Stadtwerke Energie Jena- Pößneck, Alexander W. Zschäbitz, Geschäftsführer der Asphericon GmbH Jena, Stephan Preuß, Geschäftsführer der Jenaer Antriebstechnik GmbH, Peter Kluge, Mitarbeiter Autohaus Fischer/Bereich Elektromobilität. Moderation: TLZ-Redaktionsleiter Thorsten Büker.
• Montag, Uhr, Aula der Grete-Unrein-Schule, AugustBebel-Straße . Eintritt frei.