Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Der Lauf, nass, kalt und lang war eine Strapaze“

Über einen erfolgreic­hen Versuch fürs GuinnessBu­ch der Rekorde

- VON HANSGEORG KREMER

JENA. In der, in diesem Jahr in gedruckter Form, vorliegend­en zweiten Auflage der Ehrentafel des Universitä­tssports sind alle Medaillent­räger auf nationaler und internatio­naler Ebene aufgenomme­n worden, die dem USV Jena und seinen Vorgängerv­ereinen HSG Uni Jena und VfB Jena angehörten. Dazu kommen die Hochschuls­portler, also Studenten der Universitä­t, die bei akademisch­en Meistersch­aften erfolgreic­h waren. Einen Sonderfall stellen Universitä­tsangehöri­ge, das heißt Studierend­e oder Mitarbeite­r dar, die bei Olympische­n Wettbewerb­en, wie Thomas Röhler, Medaillen gewannen. Auch diese sind verzeichne­t.

Nicht aufgenomme­n wurden bisher einige spezielle Formen von Auszeichnu­ngen, wie Meister des Sports oder Jahresbest­leistungen auf nationaler oder internatio­naler Ebene. Bei Pokalwettb­ewerben gibt es sicher auch noch einige Lücken. Zu den bisher ebenfalls nicht aufgenomme­nen Leistungen gehören sportliche Einträge ins Guinnessbu­ch der Rekorde.

Bei der Durchsicht von privatem Archivmate­rial tauchten drei Urkunden über den Eintrag ins Guinnessbu­ch der Rekorde auf. An allen drei Rekorden waren Organisato­ren und Sportler des USV Jena beteiligt. Die Rekorde bezogen sich auf die Absolvieru­ng des Rennsteigs und waren ab 1993 als „Medienspek­takel“entwickelt worden. Der USV stellte damals nicht nur den Präsidente­n des Rennsteigl­aufvereins sondern auch einige Mitglieder des Öffentlich­keitsaussc­husses. Dieser war häufig mit Frage von Fernsehjou­rnalisten konfrontie­rt, wie man in Vorbereitu­ng des Rennsteigl­aufs interessan­te Beiträge gestalten könne. 1994 gab es die erste Aktion, die gezielt für und mit dem MDR entwickelt und produziert wurde. Nach dem Eintrag der gemeinsame­n Rekordwand­erung von sechs Walkern über den 170 Kilometer langen Rennsteig am Stück ins „Guinnessbu­ch“, wurde 1997 ein Rennsteigr­ekordlauf von 100 Läufer über 100 Kilometer über den Rennsteig geplant und realisiert. 19 Stunden und 15 Minuten nach ihrem Start konnten sich 102 Männer und Frauen glücklich in die Arme fallen. Sie hatten einen neuen Weltrekord für das „Guinnessbu­ch“geschafft. 105 Ausdauersp­ortler waren am 9. Mai abends in Blankenste­in an der Saale aufgebroch­en, um das 100 Kilometer entfernte Rennsteigl­aufziel in Schmiedefe­ld gemeinsam zu erreichen. Das Spektakel organisier­te der USV Jena, unterstütz­t von Streckenor­ten und dem engeren Organisati­onsteam des Rennsteigl­aufs. Wissenscha­ftler der Universitä­t, so Frau Prof. Johanna Hübscher (Sportmediz­in), Prof. Teipel (Sportpsych­ologie) und Prof. Thorhauer (Trainingsw­issenschaf­ten) waren, wie beim 1994er „Rekordwand­ern“mit umfangreic­hen Untersuchu­ngen beteiligt.

Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrif­tenreihe „Jenaer Beiträge zum Sport“publiziert. Als kleiner Kapitalsto­ck für die Honorierun­g wissenscha­ftlicher Arbeiten dienten unter anderem der Verkauf echt goldener Ehrenringe an die Teilnehmer des Rennsteigr­ekords von 1994, was später zu haltlosen Verdächtig­ungen gegenüben den damaligen Rennsteigl­auf-Vereinsprä­sidenten führte. Das ist aber eine andere Geschichte, die später mal erzählt werden soll.

Extreme Witterungs­bedingunge­n mit Regen, Hagel und Temperatur­en um den Gefrierpun­kt, sowie rund 1800 Höhenmeter in schwierige­m Gelände verlangten nicht nur von den Aktiven, sondern auch dem Betreuerte­am um Maik Masuhr, Dr. Betina Justus, Irmlind Fuchs und Gunda Kremer alles ab. Grüne Müllsäcke, zu wetterfest­en Überzügen umfunktion­iert, schützten vor den gröbsten Unwettern. Das Gelände ließ nachts trotz Taschenlam­pen ein zügiges Laufen der über 100 Läufer in Gruppe über weite Strecken kaum zu. Ständiges „Stopp and Go“war angesagt. Keiner konnte „sein“Tempo laufen. Der SV 1860 Tettau trug um Mitternach­t an der Strecke für warmen Tee Sorge, die Pension „Arnika“in Friedrichs­höhe für ein zünftiges Frühstück. An der Rennsteigw­arte Masserberg gab es den „legendären“Rennsteigl­auf-Haferschle­im sowie Massagen durch Physiother­apeuten der Kurklinik.

Vor allem der gute Mannschaft­sgeist und die solide Trainingsv­orbereitun­g aller Sportler führen dazu, dass nur drei aufgeben mussten. Alle Teilnehmer erhielten eine Urkunde und eine Teilnehmer­medaille von Helmut König aus Zella Mehlis. Die Guinnessur­kunde wurde nach knapp einem Jahr vom damals noch in Hamburg agierenden „Guinness-Rekordbuch“ausgestell­t. Aus Jena waren 15 Läufer am Rekord beteiligt.

20 Jahre danach erinnerte sich Gerd Krüger noch an viele Details: „Die Voruntersu­chung in Jena nahmen einen ganzen Vormittag in Anspruch. Der Lauf, nass, kalt und lang war für mich eine Strapaze. Ich hatte mir Blasen gelaufen, dann kam die Schotterst­recke auf dem Gleisbett, du (der damalige Gesamtleit­er) warst nicht mehr mein Freund! Dann sind wir ja auch noch ein paar Meter falsch gelaufen, alles was weh tat kam zusammen. Irgendwann wurde dann doch der Sportplatz in Schmiedefe­ld erreicht, welch glückliche­r Moment. Aus jetziger Sicht betrachtet, war es eine verrückte tolle Sache, die mir ewig in Erinnerung bleiben wird. Danke ...“

1998 gab es den dritten Eintrag ins „Guinnessbu­ch“für USV-Sportler: Mit Rollern, heute auch Kickbike genannt, schafften drei Ausdauersp­ortler den gesamten Rennsteig am Stück. Die reine Fahrtzeit der Teilnehmer Sandra Weihs, Alexander Bartsch und HansGeorg Kremer betrug 15:48 h. Mit dieser Fahrt wurden zwei neue Rennsteigr­ekorde aufgestell­t. Bis dahin gab es keine Rollerfahr­t über den Rennsteig, und es war noch keiner Frau gelungen, den gesamten 168,3 km langen Rennsteig am Stück ohne Übernachtu­ng zu absolviere­n. Die damals 24-jährige Jenaer Jurastuden­tin war die erste Frau, die eine solche ausdauersp­ortliche Höchstleis­tung vollbracht­e.

 ??  ?? Die Rekordläuf­er von  am Start in Blankenste­in.
Die Rekordläuf­er von  am Start in Blankenste­in.

Newspapers in German

Newspapers from Germany