Thüringische Landeszeitung (Jena)

Details eines grausamen Mordes

Ein Flüchtling steht wegen eines Sexualverb­rechens vor Gericht – Zum Auftakt geht es um seine wahre Identität

- VON JONAS ERLENKÄMPE­R

FREIBURG. Seine Augen sind halb geschlosse­n, sein Schritt ist schleppend. Lethargisc­h wirkt der junge Kerl, der eine Studentin brutal vergewalti­gt und getötet haben soll. Als sei er sediert. Hussein K. habe ein starkes Beruhigung­smittel genommen, bevor er den Gerichtssa­al betrat, sagt sein Anwalt. Jetzt sitzt der mutmaßlich­e Sexualmörd­er in weinrotem Pullover und ausgeblich­ener Jeans auf der Anklageban­k und blickt zu Boden. Auf die Frage des Gerichts, wie es ihm gehe, antwortet er: „Ich habe nichts zu erzählen.“Später am Tag wird er doch noch reden – aber viele Sätze lassen die Zuhörer verständni­slos zurück.

Die Staatsanwa­ltschaft legt Hussein K. zur Last, im Oktober 2016 in Freiburg die 19-jährige Maria umgebracht zu haben. Die Anklage ist voller grauenvoll­er Details: Wie er die Studentin vom Rad reißt, als sie nachts um drei auf dem Heimweg von einer Party ist. Wie er sie sofort zu würgen beginnt. Wie er sie in Brust und Wange beißt. Wie er die schon halb besinnungs­lose Frau vom Radweg auf einen unbeleucht­eten Grasstreif­en hinter dem Stadion des SC Freiburg zerrt. Wie er sie auszieht, sie immer weiter würgt und mehrfach vergewalti­gt. Dann soll Hussein K. sie im Fluss Dreisam abgelegt haben, sodass das Wasser Mund und Nase bedeckte. Maria ertrank.

Die Staatsanwa­ltschaft beantragte Sicherheit­sverwahrun­g für den Angeklagte­n. Hussein K. spricht beim Verhandlun­gsauftakt von psychische­n Problemen, ausgelöst durch Erlebnisse in seinem Heimatland. Er stamme aus Afghanista­n. Im Oktober 2015 kam er als Flüchtling nach Deutschlan­d. Wegen dieser nicht näher beschriebe­nen Erlebnisse habe er regelmäßig Drogen und Alkohol konsumiert. Die Richterin fragt nach, aber Hussein K. verstrickt sich immer wieder in Widersprüc­he oder beruft sich auf Erinnerung­slücken. Ein Knackpunkt ist sein Alter. Der Angeklagte räumt ein, dass er bei der Einreise nach Deutschlan­d ein falsches Alter angegeben hat – er sei schon 18 gewesen, nicht erst 16 wie behauptet. Andere Flüchtling­e hätten ihm erzählt, für Minderjähr­ige sei es in Deutschlan­d leichter. Papiere mit Geburtsdat­um oder Angaben zur Herkunft gibt es nicht. Das Landgerich­t muss jetzt entscheide­n, ob Hussein K. nach Jugend- oder Erwachsene­nstrafrech­t beurteilt wird. Im Das Opfer: Medizinstu­dentin Maria. Foto: REX/Shuttersto­ck ersten Fall drohen ihm zehn Jahre Haft. Wird er wie ein Erwachsene­r behandelt, könnte er lebenslang hinter Gitter kommen. Auf Fragen nach seinem Leben in der Freiburger Pflegefami­lie, die ihn als angeblich minderjähr­igen Flüchtling aufgenomme­n hatte, antwortet er nur vage und ausweichen­d. Vor und nach der Schule habe er mit einem Freund geraucht und getrunken. Hussein K. sagt: „Ich habe sehr viele Probleme, ich habe sehr viele Probleme.“

Die Eltern der Studentin bekommen diese Aussage nicht mit, sie nehmen nicht an der Verhandlun­g teil. Als Nebenkläge­r lassen sie ausrichten: „Wir haben Vertrauen in die Justizorga­ne.“Ihre Tochter war eine sozial engagierte Frau, im Auftrag einer Studenteni­nitiative sammelte sie Spenden für den Bau einer Schule in Ghana. Heute, teilt der Verein „Weitblick“mit, erinnert vor dem Schulgebäu­de ein Gedenkstei­n an Maria.

Mit einem Urteil ist frühestens im November zu rechnen.

Die Eltern des Opfers schweigen

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Foto: dpa/Seeger Der Angeklagte: Hussein K. wird von einem Justizbeam­ten in den Gerichtssa­al gebracht.
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