Thüringische Landeszeitung (Jena)
Details eines grausamen Mordes
Ein Flüchtling steht wegen eines Sexualverbrechens vor Gericht – Zum Auftakt geht es um seine wahre Identität
FREIBURG. Seine Augen sind halb geschlossen, sein Schritt ist schleppend. Lethargisch wirkt der junge Kerl, der eine Studentin brutal vergewaltigt und getötet haben soll. Als sei er sediert. Hussein K. habe ein starkes Beruhigungsmittel genommen, bevor er den Gerichtssaal betrat, sagt sein Anwalt. Jetzt sitzt der mutmaßliche Sexualmörder in weinrotem Pullover und ausgeblichener Jeans auf der Anklagebank und blickt zu Boden. Auf die Frage des Gerichts, wie es ihm gehe, antwortet er: „Ich habe nichts zu erzählen.“Später am Tag wird er doch noch reden – aber viele Sätze lassen die Zuhörer verständnislos zurück.
Die Staatsanwaltschaft legt Hussein K. zur Last, im Oktober 2016 in Freiburg die 19-jährige Maria umgebracht zu haben. Die Anklage ist voller grauenvoller Details: Wie er die Studentin vom Rad reißt, als sie nachts um drei auf dem Heimweg von einer Party ist. Wie er sie sofort zu würgen beginnt. Wie er sie in Brust und Wange beißt. Wie er die schon halb besinnungslose Frau vom Radweg auf einen unbeleuchteten Grasstreifen hinter dem Stadion des SC Freiburg zerrt. Wie er sie auszieht, sie immer weiter würgt und mehrfach vergewaltigt. Dann soll Hussein K. sie im Fluss Dreisam abgelegt haben, sodass das Wasser Mund und Nase bedeckte. Maria ertrank.
Die Staatsanwaltschaft beantragte Sicherheitsverwahrung für den Angeklagten. Hussein K. spricht beim Verhandlungsauftakt von psychischen Problemen, ausgelöst durch Erlebnisse in seinem Heimatland. Er stamme aus Afghanistan. Im Oktober 2015 kam er als Flüchtling nach Deutschland. Wegen dieser nicht näher beschriebenen Erlebnisse habe er regelmäßig Drogen und Alkohol konsumiert. Die Richterin fragt nach, aber Hussein K. verstrickt sich immer wieder in Widersprüche oder beruft sich auf Erinnerungslücken. Ein Knackpunkt ist sein Alter. Der Angeklagte räumt ein, dass er bei der Einreise nach Deutschland ein falsches Alter angegeben hat – er sei schon 18 gewesen, nicht erst 16 wie behauptet. Andere Flüchtlinge hätten ihm erzählt, für Minderjährige sei es in Deutschland leichter. Papiere mit Geburtsdatum oder Angaben zur Herkunft gibt es nicht. Das Landgericht muss jetzt entscheiden, ob Hussein K. nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht beurteilt wird. Im Das Opfer: Medizinstudentin Maria. Foto: REX/Shutterstock ersten Fall drohen ihm zehn Jahre Haft. Wird er wie ein Erwachsener behandelt, könnte er lebenslang hinter Gitter kommen. Auf Fragen nach seinem Leben in der Freiburger Pflegefamilie, die ihn als angeblich minderjährigen Flüchtling aufgenommen hatte, antwortet er nur vage und ausweichend. Vor und nach der Schule habe er mit einem Freund geraucht und getrunken. Hussein K. sagt: „Ich habe sehr viele Probleme, ich habe sehr viele Probleme.“
Die Eltern der Studentin bekommen diese Aussage nicht mit, sie nehmen nicht an der Verhandlung teil. Als Nebenkläger lassen sie ausrichten: „Wir haben Vertrauen in die Justizorgane.“Ihre Tochter war eine sozial engagierte Frau, im Auftrag einer Studenteninitiative sammelte sie Spenden für den Bau einer Schule in Ghana. Heute, teilt der Verein „Weitblick“mit, erinnert vor dem Schulgebäude ein Gedenkstein an Maria.
Mit einem Urteil ist frühestens im November zu rechnen.
Die Eltern des Opfers schweigen