Thüringische Landeszeitung (Jena)
Rekordzahl von Helfern
480 Teilnehmer beim 13. Freiwilligentag der Bürgerstiftung – Johannisfriedhof besser im Blick
JENA. Ulrike Eistert vom Vorstand der Bürgerstiftung Jena sollte am Sonnabend recht behalten. Zum Auftakt des 13. Freiwilligentages der Stiftung im Altenzentrum Luisenhaus sagte sie: „Die 13 ist unsere Glückszahl.“Und einige Stunden später konnte zum Abschluss des Einsatztages Stiftungsgeschäftsführerin Heidi Scheller tatsächlich einen Rekord vermelden: 480 Teilnehmer – so viele waren es zuvor bei keinem der zwölf Freiwilligentage. Gemessen an der bisherigen Gesamtzahl von 2900, seien es im Schnitt immer gut 200 Teilnehmer gewesen, so rechnete Ulrike Eistert vor. Dabei sei nicht zu vergessen, dass seit 2011 Menschen ausländischer Herkunft einbezogen werden. Deren 60 beteiligten sich diesmal an den 35 Mitmach-Stationen; sie stammen aus den USA, aus China, der Türkei, Vietnam, dem Irak, Israel, Afghanistan, Spanien, Italien, Mexiko, Eritrea und aus Syrien. Die meisten Geflüchteten waren auf der Trüperwiese beim Apfelpflücken dabei. Einer von ihnen sei in Syrien Olivenbaumplantagen-Besitzer gewesen und am Sonnabend besonders glücklich, nach langer Zeit wieder einer Erntetätigkeiten nachgehen zu können, berichtete Heidi Scheller.
An der Station „ReparierCafé“im Luisenhaus gab sich Bürgermeister Frank Schenker (CDU) begeistert, wie sich Bewohner und Besucher wider die „Wegwerferitis“von Studenten und pensionierten Fachleuten beim Reparieren defekter Geräte aller Art helfen lassen konnten. „Das ist beeindruckend für einen wie mich, der das technisch nicht so drauf hat.“ Auch dies eine Frage des Trainings? Stiftungsmitstreiterin Oda Beckmann berichtete, dass sie beim Reparier-Café aktiv sei (das regelmäßig Termine und Orte für offene Reparatur-Tage in der Zeitung vermeldet). Mittlerweile könne sie sogar selbst löten, sagte die junge Frau.
Eine schöne Zahl von zwölf angemeldeten Freiwilligen konstatierte der Förderverein Johannisfriedhof. Am Sonnabend galt es, den Wildwuchs zwischen den Gräbern einzudämmen. Helferin Heike Zapfe zum Beispiel beschrieb ihre Motivation so: Regelmäßig habe sie im eigenen Garten viel zu tun – nun wolle sie mit solcherlei Arbeiten der Abwechslung halber einmal dem Gemeinwohl dienen.
Es versteht sich – der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen und Totgehölz zu beseitigen, das bleibe eine Daueraufgabe, so berichteten Stefan Danz und Mario Röppnack vom Förderverein. Darum gehe es für die über 90 Mitglieder auch bei den je drei Einsätzen im Frühjahr und Herbst. Erfreulich sei die Kooperation mit dem UniKlinikum, dessen Pflegeschüler nun zu den regelmäßigen Helfern zählen. Hinzu kämen Sonderaufgaben wie die Sanierung des Grabes der Fechtmeister-Familie Kreußler, wo Randalierer einer Figur den Kopf abgeschlagen haben. Aber auch ganz neue Dimensionen sind zu bedenken. So soll ein Areal eingerichtet werden für jene Leichenteile, die von den Körperspenden an die Medizinische Fakultät nach deren wissenschaftlicher Nutzung übrig geblieben sind.
Nach Röppnacks und Danz‘ Beschreibung findet die Arbeit des Vereins immer bessere strukturelle Bahnen, um den Friedhof zunehmend ins Blickfeld zu rücken. Mittlerweile gebe es eine AG für die Gestaltung, eine weitere für die Historie und demnächst eine für Veranstaltungen. Die AG Historie unter Leitung von Christina Apfel habe bereits elf Lebensskizzen zu den auf dem Friedhof beerdigten Persönlichkeiten veröffentlicht (erhältlich in der Jenaer Bücherstube, bei „Albert Steen“und im Kirchenladen). Fünf weitere sollen nächstes Jahr folgen.
Tillman Lützner vom Vorstand des Vereins Freie Bühne Jena, machte am Sonnabend aus seinem Herzen keine Mördergrube: Natürlich hoffe auch sein Verein, dass im ehemaligen Schlachthofgebäude in der Löbstedter Straße nun rasch ein – wie von der Politik gewollt – Soziokulturzentrum eingerichtet wird. Dort stünde dem Verein zum Beispiel eine 125-Quadratmeter-Bühne für Aufführungen zur Verfügung. – Die sind im derzeitigen Domizil im Göschwitzer Ernst-Ruska-Ring 9 nämlich nicht erlaubt: Im alten Industriebau fehlt es an den vorgeschriebenen Fluchtwegen. Drum nutzt der Verein die seit vier Jahren angemietete dritte Etage als Probenstätte, Lager und Werkstatt. Und so wurde am Freiwilligentag die Chance genutzt, den Fundus aufzumöbeln, den Kostümbestand zu sortieren und das eine oder andere Podest abzuschleifen und mit Farbe neu zu versiegeln.
Für Auftritte auszuschwärmen, das gehöre auch weiterhin zur Philosophie der aktuell zehn freien Theatergruppen unterm Dach des Vereins, sagte Lützner. Aber allein wegen der Zentrumsnähe wäre aus seiner Sicht der Schlachthof die viel bessere Basis.
Wider die „Wegwerferitis“