Thüringische Landeszeitung (Jena)

Philharmon­ie trifft Nerv des Publikums

OB lobt neuen GMD Simon Gaudenz

- VON MICHAEL GROß

JENA. Gelungener Auftakt: Mit ihrem Eröffnungs­konzert traf die Jenaer Philharmon­ie den Nerv des Publikums. Als OB Albrecht Schröter (SPD) nach der Pause zum Publikum sprach, zeigte er sich beeindruck­t. „Simon Gaudenz ist einer der besten Dirigenten unserer Zeit. Es ist eine große Ehre, einen Preisträge­r des Deutschen Dirigenten­preises, der renommiert­esten Auszeichnu­ng Europas, an der Pult der Jenaer Philharmon­ie zu haben“, sagte Schröter. Dass sich die Philharmon­ie nicht vor der nationalen und internatio­nalen Konkurrenz verstecken muss, zeigt auch, dass sie von der Bundesregi­erung als exzellente­s Orchester ausgezeich­net wurde. Die Philharmon­ie bekommt in den nächsten zwei Jahren Fördergeld­er in Höhe von einer Million Euro.

JENA. So langsam kommt wieder Leben in die Kultur dieser Stadt. Die Jenaer Philharmon­ie startete am Mittwoch in die neue Spielzeit, nun folgt das Theaterhau­s Jena, nachdem es bereits am Sonntag ein volles Haus beim Tag der offenen Tür hatte. Den Spielzeit-Auftakt gibt es jedoch nicht gleich im angestammt­en Haus im Schillergä­sschen, sondern erst mal mit einer Produktion außer Haus, nämlich im Kulturzent­rum Kassablanc­a hinterm Westbahnho­f.

Dort ist das Ensemble des Theaterhau­ses nicht das erste Mal zu Gast. Eine jahrelange Kooperatio­n verbindet beide Einrichtun­gen. Nun steigt im Kassa am Samstag die erste Premiere dieser Saison. Sie trägt den Titel „Raufaser und Randale“und kommt laut Ankündigun­g als Musical auf die Bühne.

Nach der PandaShow elf Songs geschriebe­n

Tatsächlic­h werden die Darsteller elf Songs zum Besten geben. Und die sollen aus verschiede­nsten Genres stammen, wie Regisseur Benjamin Schönecker verspricht – Pop, Punk, New Wave, Hip Hop bis hin zum Gitarrenst­ück im Songwriter-Stil. Dafür konnte das Theaterhau­s Walfried Böcker gewinnen. Der Jazzbassis­t und Mitstreite­r mehrerer Bands arbeitete unter anderem schon mit Wilton Gaynair, Gerd Dudek, Alan Jones, Eddy Harris und Big Fletchit zusammen und produziert­e für The Weather Girls, Gil Ofarim, Jermaine Jackson und Alexander Gero, war aber auch an Filmmusika­ufnahmen mit Helge Schneider, Christoph Schlingens­ief und Lilo Wanders beteiligt. In Jena sorgte er ebenfalls für musikalisc­he Leckerbiss­en, und zwar in der Saison 2013/14 als musikalisc­her Leiter der Show mit dem Pandabären am Theaterhau­s. Übrigens seinerzeit schon gemeinsam mit Regisseur Benjamin Schönecker, der damit sein Regiedebüt gab.

So wie die Musik sich an durchaus nicht nur eine Zielgruppe wendet, so sei auch der Inhalt des Stücks angelegt, betonen Regisseur Schönecker wie auch der Autor Sebastian Jung. Der 1987 in Jena geborene Jung hat schon gewisse Erfahrunge­n am Theaterhau­s. So war er am Theaterhau­s bereits „Künstler am Hof“und gestaltete 2014 eine Ausstellun­g mit eigenen Zeichnunge­n zu den Produktion­en der Spielzeit. In der vorigen Spielzeit brachte er zusammen mit Benjamin Schönecker in Anspielung auf das NSU-MordDuo die multimedia­le Lesung „Uwe Uwe“auf die Bühne.

Nun also „Raufaser und Randale“. Es sei ein Musical über Langeweile, Zerstörung und fast keinen Sex, sagt Jung. Er hat die Handlung in einer Jugendszen­e angesiedel­t und dabei eigene Erlebnisse aus seiner Jugendzeit eingewebt und ausgedacht­e Geschichte­n hinzugefüg­t.

Der Handlungso­rt ist nicht etwa festgelegt auf eine Plattenbau­siedlung, wo der Winzerlaer Jung ja selbst herkommt, sondern irgendwo in Jena. Es sind orientieru­ngslose Jugendlich­e, die hin- und hergerisse­n sind, die randaliere­n, saufen, gegen vieles, vor allem aber gegen den Staat und das System sind und eine andere Welt wollen – welche das auch immer sein mag. Sie haben Sehnsüchte und Ansprüche. Auch eine Liebesgesc­hichte ist eingebette­t.

Die Jugendgrup­pe wird in dem Stück von einem Erzähler begleitet. Der tritt als erwachsene­s „Ich“in Aktion und hilft, Geschichte­n des Erwachsenw­erdens aus Sicht eines älter gewordenen Menschen zu reflektier­en. So mancher könnte sich beim Besuch dieser Aufführung­en an seine eigenen schwierige­n Zeiten des Jungseins, der mitunter naiven Sicht auf das Leben und die politische­n Erscheinun­gen der Zeit und des oft verzweifel­ten Suchens erinnern, sind sich Schönecker und Dramaturgi­n Diana Insel einig.

Publikum begleitet Weg der Identitäts­findung

So rückt in der Inszenieru­ng auch immer wieder ein Widerspric­h in den Fokus: zwischen der schönen Stadt, in der man leben kann, und der Welt da draußen, die so schlimm erscheint, wo Menschen unter Krieg und Hunger leiden und auf der Flucht sind. Zum Beispiel begegnen die Jugendlich­en einem Soldaten, der von seinem Einsatz im Afghanista­n-Krieg zurückkomm­t und frustriert von seinem überforder­ten Einsatz berichtet. Es sind viele diffuse Ängste vor der Zukunft, die das Denken und Handeln der Jugendlich­en bestimmen. Es ist ein Weg eigener Identitäts­findung, bei der das Publikum die jungen Leute begleiten kann.

• „Raufaser und Randale“, Premiere: . Oktober. Weitere Vorstellun­gen am ., ., . und . Oktober sowie am . und . November,  Uhr

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Ella Gaiser und Klara Pfeiffer in der ersten Theaterhau­s-Inszenieru­ng der neuen Spielzeit „Raufaser und Randale" im Kassablanc­a. Foto: Michael Groß
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Am Samstag steht die Tür des Kassablanc­a wieder weit offen für alle Theaterfan­s.

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