Thüringische Landeszeitung (Jena)
Philharmonie trifft Nerv des Publikums
OB lobt neuen GMD Simon Gaudenz
JENA. Gelungener Auftakt: Mit ihrem Eröffnungskonzert traf die Jenaer Philharmonie den Nerv des Publikums. Als OB Albrecht Schröter (SPD) nach der Pause zum Publikum sprach, zeigte er sich beeindruckt. „Simon Gaudenz ist einer der besten Dirigenten unserer Zeit. Es ist eine große Ehre, einen Preisträger des Deutschen Dirigentenpreises, der renommiertesten Auszeichnung Europas, an der Pult der Jenaer Philharmonie zu haben“, sagte Schröter. Dass sich die Philharmonie nicht vor der nationalen und internationalen Konkurrenz verstecken muss, zeigt auch, dass sie von der Bundesregierung als exzellentes Orchester ausgezeichnet wurde. Die Philharmonie bekommt in den nächsten zwei Jahren Fördergelder in Höhe von einer Million Euro.
JENA. So langsam kommt wieder Leben in die Kultur dieser Stadt. Die Jenaer Philharmonie startete am Mittwoch in die neue Spielzeit, nun folgt das Theaterhaus Jena, nachdem es bereits am Sonntag ein volles Haus beim Tag der offenen Tür hatte. Den Spielzeit-Auftakt gibt es jedoch nicht gleich im angestammten Haus im Schillergässchen, sondern erst mal mit einer Produktion außer Haus, nämlich im Kulturzentrum Kassablanca hinterm Westbahnhof.
Dort ist das Ensemble des Theaterhauses nicht das erste Mal zu Gast. Eine jahrelange Kooperation verbindet beide Einrichtungen. Nun steigt im Kassa am Samstag die erste Premiere dieser Saison. Sie trägt den Titel „Raufaser und Randale“und kommt laut Ankündigung als Musical auf die Bühne.
Nach der PandaShow elf Songs geschrieben
Tatsächlich werden die Darsteller elf Songs zum Besten geben. Und die sollen aus verschiedensten Genres stammen, wie Regisseur Benjamin Schönecker verspricht – Pop, Punk, New Wave, Hip Hop bis hin zum Gitarrenstück im Songwriter-Stil. Dafür konnte das Theaterhaus Walfried Böcker gewinnen. Der Jazzbassist und Mitstreiter mehrerer Bands arbeitete unter anderem schon mit Wilton Gaynair, Gerd Dudek, Alan Jones, Eddy Harris und Big Fletchit zusammen und produzierte für The Weather Girls, Gil Ofarim, Jermaine Jackson und Alexander Gero, war aber auch an Filmmusikaufnahmen mit Helge Schneider, Christoph Schlingensief und Lilo Wanders beteiligt. In Jena sorgte er ebenfalls für musikalische Leckerbissen, und zwar in der Saison 2013/14 als musikalischer Leiter der Show mit dem Pandabären am Theaterhaus. Übrigens seinerzeit schon gemeinsam mit Regisseur Benjamin Schönecker, der damit sein Regiedebüt gab.
So wie die Musik sich an durchaus nicht nur eine Zielgruppe wendet, so sei auch der Inhalt des Stücks angelegt, betonen Regisseur Schönecker wie auch der Autor Sebastian Jung. Der 1987 in Jena geborene Jung hat schon gewisse Erfahrungen am Theaterhaus. So war er am Theaterhaus bereits „Künstler am Hof“und gestaltete 2014 eine Ausstellung mit eigenen Zeichnungen zu den Produktionen der Spielzeit. In der vorigen Spielzeit brachte er zusammen mit Benjamin Schönecker in Anspielung auf das NSU-MordDuo die multimediale Lesung „Uwe Uwe“auf die Bühne.
Nun also „Raufaser und Randale“. Es sei ein Musical über Langeweile, Zerstörung und fast keinen Sex, sagt Jung. Er hat die Handlung in einer Jugendszene angesiedelt und dabei eigene Erlebnisse aus seiner Jugendzeit eingewebt und ausgedachte Geschichten hinzugefügt.
Der Handlungsort ist nicht etwa festgelegt auf eine Plattenbausiedlung, wo der Winzerlaer Jung ja selbst herkommt, sondern irgendwo in Jena. Es sind orientierungslose Jugendliche, die hin- und hergerissen sind, die randalieren, saufen, gegen vieles, vor allem aber gegen den Staat und das System sind und eine andere Welt wollen – welche das auch immer sein mag. Sie haben Sehnsüchte und Ansprüche. Auch eine Liebesgeschichte ist eingebettet.
Die Jugendgruppe wird in dem Stück von einem Erzähler begleitet. Der tritt als erwachsenes „Ich“in Aktion und hilft, Geschichten des Erwachsenwerdens aus Sicht eines älter gewordenen Menschen zu reflektieren. So mancher könnte sich beim Besuch dieser Aufführungen an seine eigenen schwierigen Zeiten des Jungseins, der mitunter naiven Sicht auf das Leben und die politischen Erscheinungen der Zeit und des oft verzweifelten Suchens erinnern, sind sich Schönecker und Dramaturgin Diana Insel einig.
Publikum begleitet Weg der Identitätsfindung
So rückt in der Inszenierung auch immer wieder ein Widersprich in den Fokus: zwischen der schönen Stadt, in der man leben kann, und der Welt da draußen, die so schlimm erscheint, wo Menschen unter Krieg und Hunger leiden und auf der Flucht sind. Zum Beispiel begegnen die Jugendlichen einem Soldaten, der von seinem Einsatz im Afghanistan-Krieg zurückkommt und frustriert von seinem überforderten Einsatz berichtet. Es sind viele diffuse Ängste vor der Zukunft, die das Denken und Handeln der Jugendlichen bestimmen. Es ist ein Weg eigener Identitätsfindung, bei der das Publikum die jungen Leute begleiten kann.
• „Raufaser und Randale“, Premiere: . Oktober. Weitere Vorstellungen am ., ., . und . Oktober sowie am . und . November, Uhr