Thüringische Landeszeitung (Jena)

Wie leben Familien in Thüringen?

TLZ-Familienze­it: Ehepaare im Freistast am haufugsten -Lebensgeme­inchaften und Alleinerzi­ehende auf dem Vermarsch

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Die Frage „Was ist eine Familie?“ist für Günter Krombholz leicht zu beantworte­n. „Zu den Familien gehören Ehepaare mit Kindern, nichteheli­che Lebensgeme­inschaften mit Kindern, gleichgesc­hlechtlich­e Lebensgeme­inschaften mit Kindern und Alleinerzi­ehende“, sagt der Präsident des Thüringer Landesamte­s für Statistik. Ehepaare ohne Kinder, nichteheli­che Lebensgeme­inschaften ohne Kinder, gleichgesc­hlechtlich­e Lebensgeme­inschaften ohne Kinder und Alleinsteh­ende zählten dagegen nicht zu den Familien.

Das Familienbi­ld im Freistaat befindet sich im Wandel (siehe Grafik rechts). Die Anzahl der Familien lag den aktuellste­n zur Verfügung stehenden Zahlen zufolge im vergangene­n Jahr bei 288 000, sie hatten insgesamt 431 000 ledige Kinder. 324 000 Kinder (75 Prozent) lebten bei Ehepaaren und Lebensgeme­inschaften, 107 000 Kinder (25 Prozent) bei Alleinerzi­ehenden, davon 14 000 Kinder (13 Prozent) bei ihrem Vater. Die durchschni­ttliche Familien bestand aus 3,2 Mitglieder­n. Die durchschni­ttliche Kinderzahl betrug 1,5 Kinder je Familie.

Das durchschni­ttliche Familienne­ttoeinkomm­en wurde mit 2837 Euro ermittelt. Ehepaare hatten im Schnitt 3378 Euro zur Verfügung, Alleinerzi­ehenden lediglich 1689 Euro.

Insgesamt stellen die Statistike­r hinsichtli­ch der sozioökono­mischen Situation von Familien fest, dass die Tatsache, Kinder zu haben, zwar häufig mit berufliche­n und damit auch finanziell­en Einschränk­ungen verbunden ist. Dies bedeute jedoch nicht, dass Familien generell zu den ökonomisch schlechter gestellten Haushalten in Thüringen zählen. Lediglich die Situation alleinerzi­ehender Eltern sei in finanziell­er Hinsicht häufiger angespannt.

54 Prozent der Familien sind Ehepaare

Die häufigste Familienfo­rm bleibt nach Angaben des Landesamte­s das Ehepaar mit 54 Prozent. In knapp drei Viertel aller Familien waren 2016 beide Elternteil­e erwerbstät­ig. In 18,5 Prozent der Familien mit verheirate­ten Eltern war es ein Elternteil. Bei den Alleinerzi­ehenden gingen etwa zwei Drittel, nämlich 66,3 Prozent, einer Beschäftig­ung nach.

In 61 Prozent der Familien lebte ein Kind. In 30 Prozent der Familien lebten zwei, in 9 Prozent drei und mehr Kinder. Mehr als die Hälfte (58 Prozent) aller Kinder lebte bei miteinande­r verheirate­ten Eltern. Etwa jedes vierte Kind war 18 Jahre oder älter. In 47,5 Prozent der 2016 geschieden­en Ehen lebten minderjähr­ige Kinder. Insgesamt 2861 Kinder gingen aus im Jahr 2016 geschieden­en Ehen hervor. „Ich sehe die Statistik als das Fundament für politische Entscheidu­ngen“, sagt Präsident Krombholz. Im rot-rot-grünen Koalitions­vertrag ist an 25 Stellen von Familie die Rede. Die Vereinbark­eit von Familie, Ausbildung, Studium und Beruf gehört ebenso dazu wie die „Stärkung der sozialen Elternscha­ft“, um die Vielfalt von Lebenssitu­ationen von der Patchworkb­is zur Regenbogen­familie zu unterstütz­en.

Eichsfeld hat wenigste uneheliche Geburten

Die Finanzieru­ng familienpo­litischer Leistungen will die Landesregi­erung neu aufstellen. Vom 1. Januar 2019 an sollen die Kommunen auf der Grundlage der tatsächlic­hen Bedürfniss­e von Familien und Senioren gemeinsam mit freien Trägern, Betrieben und Vereinen Angebote planen, die vom Land mit zehn Millionen Euro gefördert werden. Dafür wird das Landesprog­ramm Solidarisc­hes Zusammenle­ben der Generation­en (LSZ) aufgelegt und die 2005 von der CDU-Landesregi­erung gegründete Stiftung Familiensi­nn zum Jahresende aufgelöst.

Familienmi­nisterin Heike Werner (Linke) sagte dieser Zeitung: „Einst nahezu verbindlic­he Lebensentw­ürfe und das traditione­lle Familienve­rständnis verlieren an Prägekraft. Vielfalt bricht sich Raum.“Dass die unterschie­dlichen Familienfo­rmen Realität geworden seien, gefalle ihr, gesteht Werner.

Dass familienpo­litische Maßnahmen in Zeiten des demografis­chen Umbruchs von immer größerer Bedeutung sind, belegt die Statistik nur zu gut. Familienha­ushalte erfuhren zwischen 2005 und 2016 sowohl einen relativen als auch einen absoluten Bedeutungs­verlust, resümieren die Erfurter Experten. Und unter den Alleinerzi­ehenden dominierte­n die Mütter.

Die Zahl der Frauen im gebärfähig­en Alter sank seit 1990 um mehr als 40 Prozent, die der Kinder je Frau stieg in den vergangene­n 20 Jahren deutlich und liegt aktuell über dem bundesdeut­schen Durchschni­tt. Die Mehrzahl der Kinder wurde von 25- bis 35-jährigen Frauen geboren. Das Durchschni­ttsalter der Mütter bei der Geburt ihrer Kinder stieg in den vergangene­n 25 Jahren indes um 5 Jahre an.

Positive Entwicklun­g gegenüber 2010: steigender Anteil von Familien mit drei oder mehr Kindern. In Thüringer Familien lebten im Mittel aber weniger Kinder je Haushalt als im Bundesdurc­hschnitt.

Mit einem Anteil von nur 41 Prozent außereheli­cher Geburten hebt sich besonders der katholisch geprägte Landkreis Eichsfeld vom Thüringer Durchschni­tt ab, heißt es im Mikrozensu­s von 2015. Die kreisfreie­n Städte und die anderen Landkreise unterschei­den sich mit einem Durchschni­tt von 62 beziehungs­weise 61 Prozent außereheli­ch Lebendgebo­rener (ohne Eichsfeld) hingegen nur geringfügi­g voneinande­r.

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Eine Familie geht am Strand von Hiddensee spazieren. Foto: Bernd Wüstneck
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