Thüringische Landeszeitung (Jena)
Europas größter Abwasserkanal arbeitet mit Technik aus Thüringen
Im Ruhrgebiet folgt dem Bergbau die Umweltsanierung. Nordhäuser SchachtbauSpezialisten erhalten Millionenauftrag
NORDHAUSEN. Eine 120 Meter lange Brücke für das Nordkap in Norwegen, ein kilometerlanger Streckenvortrieb im kasachischen Bergbau: Das 975 Mann starke Nordhäuser Unternehmen Schachtbau macht regelmäßig Schlagzeilen mit seinen Großprojekten.
Nicht im Ausland, sondern im Ruhrgebiet sind seine Anlagenbauer an einem ähnlich spektakulären Bauvorhaben beteiligt: Europas längster Abwasserkanal wird dort seit 2009 schrittweise in die Tiefe verlegt, der Fluss Emscher renaturiert. Schachtbau liefert und montiert die dafür erforderliche Pumpentechnik. Ein Auftrag mit zweistelligem Millionen-Wert.
Denn es geht um drei riesige Pumpwerke: Sie haben eine Gesamtleistung von 172 000 Kubikmetern pro Stunde: „Das entspricht 1,6 Tankwagen pro Sekunde, die später einmal durch die Maschinen laufen, und das bis in alle Ewigkeit“, beschreibt Kay Exel, Projektleiter bei Schachtbau, die Dimension der Pumpwerke.
2020 soll der neue Abwasserkanal in Betrieb gehen. Die beiden Pumpwerke in Bottrop und Gelsenkirchen sind nach zwei Jahren Bauzeit fertig, seit knapp zwei Monaten wissen die Schachtbauer, dass sie auch das in Oberhausen bauen dürfen.
Sie hatten das wirtschaftlichste Angebot abgegeben, die Pumpen überzeugten mit ihrem Wirkungsgrad.
Bei diesem komme es angesichts von jährlichen Betriebskosten in Höhe von rund 5,6 Millionen Euro auch auf die Zahl hinter dem Komma an, so Kay Exel.
Aus der Luft sehen die 50 Meter breiten Schächte der Pumpwerke wie riesige Klärbecken aus – das eigentliche technische Know-how befindet sich in bis zu 40 Metern Tiefe.
Denn der Abwasserkanal hat ein stärkeres Gefälle als das Gelände entlang der Emscher von Dortmund im Osten bis zur Emschermündung in den Rhein in Dinslaken. Der Fließgeschwindigkeit des Abwassers ist das zuträglich – allerdings muss das Abwasser in regelmäßigen Abständen gehoben werden, soll es nicht nach 51 Kilometern eine Tiefe von 75 statt ursprünglich
acht Metern erreicht haben. Es geht um sehr viel Wasser – die Stahlbetonröhre des Kanals hat einen Innendurchmesser zwischen 1,40 und 2,80 Metern.
Im Bereich Wasserwirtschaft vom Schachtbau arbeiten gegenwärtig rund 40 Beschäftigte. Nachdem 2015 der Markt für den Biogasanlagenbau komplett eingebrochen war, wandelte der Schachtbau-Konzern den Bereich
Umwelttechnik komplett um und erweiterte den Bergbaubereich um die heutige Anlagentechnik.
„Das aktuelle Projekt im Ruhrgebiet bestärkt uns in unserer strategischen Ausrichtung, nicht nur auf den reinen, aktiven Bergbau zu setzen, der in Deutschland doch enorm zurückgeht“, meint SchachtbauChef Michael Seifert.