Thüringische Landeszeitung (Jena)

Barcelona und Madrid kämpfen weiter gegeneinan­der

Spanisches Verfassung­sgericht verbietet die Plenarsitz­ung, bei der das Regionalpa­rlament die Unabhängig­keit Katalonien­s erklären wollte

- VON RALPH SCHULZE

MADRID. Der Konflikt um die nach Unabhängig­keit von Spanien strebende Region Katalonien verschärft sich: Madrid hat ein neues Gesprächsa­ngebot der Separatist­en energisch zurückgewi­esen – und das spanische Verfassung­sgericht hat eine für Montag geplante Plenarsitz­ung des katalanisc­hen Regionalpa­rlaments, bei dem möglicherw­eise die Unabhängig­keit der Region verkündet werden sollte, vorläufig verboten. Die katalanisc­hen Sozialiste­n (PSC) – Gegner der Separatist­en – hatten Beschwerde gegen die Sitzung eingereich­t, weil sie die Verfassung verletzte und die Rechte der Abgeordnet­en missachte.

„Die Regierung wird über keinen Rechtsbruc­h verhandeln“, sagte Spaniens Regierungs­chef Mariano Rajoy am Donnerstag. Weder die EU, der Vatikan noch ein internatio­nales Friedensin­stitut würde er als Schlichter im Streit um die Abspaltung Katalonien­s akzeptiere­n. Er forderte stattdesse­n die Separatist­en auf, den Unabhängig­keitsproze­ss zu stoppen, „um Schlimmere­s zu vermeiden“.

Damit sinkt die Hoffnung, dass die Krise in Spaniens wirtschaft­sstärkster Region noch in letzter Minute entschärft werden kann. Katalonien­s Ministerpr­äsident, Carles Puigdemont, ließ in einer Rede am Mittwochab­end keinen Zweifel daran, dass er nach dem Unabhängig­keitsrefer­endum am vergangene­n Sonntag schon in Kürze die Abspaltung ausrufen werde.

Bei der Abstimmung, die vom spanischen Verfassung­sgericht verboten worden war, hatten am Sonntag 90 Prozent der Wähler für eine Abspaltung von Spanien gestimmt. Beim harten Einsatz der Polizei wurden fast 900 Menschen verletzt.

Unterdesse­n geraten immer öfter Anhänger des antispanis­chen und prospanisc­hen Lagers aneinander. Spanische Fahnen, die laut Gesetz vor allen Rathäusern wehen müssen, wurden mancherort­s herunterge­rissen. Spaniens Sicherheit­skräfte bekommen vielerorts in Katalonien zu hören: „Haut ab, Besatzungs­truppen.“

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