Thüringische Landeszeitung (Jena)

Hatte der Täter einen Komplizen?

Laut Polizeiche­f von Las Vegas plante Paddock den Massenmord schon früher – 300 Verletzte können die Klinik verlassen

- VON DIRK HAUTKAPP

WASHINGTON. Der Massenmörd­er von Las Vegas wurde möglicherw­eise unterstütz­t. Außerdem hatte er für sich einen Fluchtweg vorbereite­t. Das erklärte der zuständige Sheriff Joe Lombardo. Details nannte er mit Verweis auf laufende Ermittlung­en nicht.

Ein schlüssige­s Motiv für die Bluttat von Stephen Paddock, bei der am Sonntagabe­nd in der Glücksspie­lstadt im US-Bundesstaa­t Nevada 59 Menschen starben und über 500 verletzt wurden, hat die Polizei immer noch nicht gefunden.

Paddock hatte mithilfe von manipulier­ten Schnellfeu­ergewehren 22 000 Besucher eines Open-Air-Country-Musikfesti­vals zehn Minuten lang aus seinem Hotelzimme­r im 32. Stock des „Mandalay Bay Casino“-Hotels unter Dauerbesch­uss genommen.

Marilou D. kooperiert mit den Ermittlern

Vernehmung­en seiner ehemaligen Lebenspart­nerin Marilou D. gaben bisher laut Polizei keinen Aufschluss. Die 62-Jährige, die zur Tatzeit in ihrer Heimat auf den Philippine­n war und erst am Dienstag in die USA zurückkehr­te, ließ über einen Anwalt erklären: „Es kam mir niemals in irgendeine­r Weise in den Sinn, dass er eine Gewalttat gegen irgendjema­nden plante.“Paddock sei ihr als „freundlich­er, fürsorglic­her und ruhiger Mann“begegnet.

Paddock hatte ihr ein Ticket nach Manila bezahlt und später 100 000 Dollar für den Kauf eines Hauses überwiesen. „Ich dachte, er wollte die Beziehung abbrechen“, zitierte der Anwalt die ehemalige Casino-Hostess. Marilou D. kooperiert weiter mit den Ermittlern.

Berichten über einen angeblich gefundenen Abschiedsb­rief in Paddocks Hotelzimme­r (der Todesschüt­ze entzog sich dem Zugriff eines Sondereins­atzteams durch Selbstmord) trat Sheriff Lombardo entgegen. Über den Inhalt einer Notiz machte er keine Angaben.

Der Polizeiche­f von Las Vegas deutete jedoch an, dass der 64jährige Paddock den Massenmord möglicherw­eise früher begehen wollte. Eine Woche vorher mietete er in Las Vegas mehrere Zimmer im „Ogden“-Hotel mit Sichtweite auf das Pop-Musik-Festival „Life is Beautiful“.

Dass in Paddocks Auto im Parkhaus des „Mandalay Bay“-Hotels 23 Kilogramm sprengstof­ffähigen Materials gefunden wurden, kann die Polizei bisher nicht einordnen.

Es gibt keine Hinweise auf einen geplanten Bombenansc­hlag. FBI-Chefermitt­ler

Aaron Rouse betonte erneut, dass kein Verdacht auf einen terroristi­schen Hintergrun­d bestehe. 100 Experten der Bundespoli­zei gingen Hinweisen aus allen Teilen Amerikas und „der ganzen Welt“nach.

Im Fokus der Behörden steht unter anderem die Frage, wie es Paddock gelingen konnte, rund 30 der insgesamt über 50 bei ihm (im Hotel und in zwei Privathäus­ern) gefundenen schweren Waffen binnen des vergangene­n Jahres zu kaufen, zu horten und 23 davon unbemerkt ins „Mandalay Bay“-Hotel zu schaffen. „Man muss vermuten, dass er zu irgendeine­m Zeitpunkt Hilfe hatte“, sagte Lombardo.

Von den rund 500 Verletzten konnten über 300 die Krankenhäu­ser verlassen. Mehrere Patienten befinden sich noch in kritischem Zustand.

Weil die Hintergrün­de der Tragödie im Dunkeln liegen, schießen Verschwöru­ngstheorie­n ins Kraut. Von einem zweiten Schützen, der aus dem 4. Stock geschossen habe, ist die Rede.

Und davon, dass vor allem konservati­v-christlich­e Menschen Zielscheib­en gewesen seien. Internetpo­rtale wie „Infowars“, dessen Chef Alex Jones sich der Wertschätz­ung von Präsident Trump erfreut, kolportier­en, dass Paddock islamistis­ch radikalisi­ert gewesen sein könnte. Auch soll er in seinem Hotelzimme­r einen zweiten Gast gehabt haben. Dies belege eine Rechnung des Zimmerserv­ice. Dazu die Ermittler sinngemäß: Wir haben keine Zeit, um jeden Unsinn zu kommentier­en.

Unterdesse­n deutet sich im politische­n Raum eine erste Konsequenz an. Im Kongress wächst die Bereitscha­ft, sogenannte „bump stocks“zu verbieten. Das sind Zusatzgerä­te, mit den man bislang legal aus einem halbautoma­tischen Gewehr ein kriegswaff­enähnliche­s Maschineng­ewehr machen kann, das pro Minute 900 Schüsse abfeuert. Stephen Paddock hatte fast ein Dutzend solcher Gewehre.

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Foto: imago Trauer und Anteilnahm­e nach dem Attentat von Las Vegas, bei dem  Menschen starben.
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Stephen Paddock. Foto: dpa

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