Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Linke und SPD bremsen Klimaschut­z aus“

Bund für Umwelt und Naturschut­z unzufriede­n über Gesetzentw­urf der Landesregi­erung

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Der Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND) ist sauer über den Entwurf des Klimaschut­zgesetzes. „Die rot-rotgrüne Landesregi­erung handelt halbherzig. Beim Klimaschut­zgesetz waren offensicht­lich Linke und SPD die Bremser“, sagt BUND-Landesgesc­häftsführe­r Burkhard Vogel im TLZ-Gespräch. Die gesetzlich­e Formulieru­ng, dass man etwas „anstrebe“sei wachsweich und offenbar auf die Initiative der beiden großen Koalitions­partner zurückzufü­hren, gegen die sich die Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) nicht habe durchsetze­n können. Linke und SPD hätten sich gegen eine klare Zielsetzun­g bei der Reduktion von Treibhausg­asen mit der Begründung gewehrt, man müsse die wirtschaft­lichen Belange berücksich­tigen.

„In einigen Punkten“könne er die Kritik nachvollzi­ehen, sagt Linke-Umweltexpe­rte Tilo Kummer dieser Zeitung. „Ich stimme dem BUND zu, dass das Gesetz sehr wenige verpflicht­ende Regelungen enthält.“Die SPD-Abgeordnet­e Dagmar Becker betont: Der Entwurf sei ein Kompromiss, der im Landtag verändert werden könne.

ERFURT. Burkhard Vogel ist Landesgesc­häftsführe­r des Bundes für Umwelt und Naturschut­z, kurz: BUND, und ein Grüner. Insofern mag sein Lob für die bündnisgrü­ne Umweltmini­sterin Anja Siegesmund nicht überrasche­n. „Der Start war fulminant“, sagt er. Siegesmund mache einen „guten Job“, habe die Erneuerbar­en Energien „stark gepusht“und sei dabei, 1000 Hektar Waldwildni­s am Possen „auf einen Schlag aus der Nutzung“zu nehmen.

Dennoch, zufrieden ist Vogel mit der rot-rot-grünen Landesregi­erung nicht. „Es sind noch ganz viele Baustellen offen. Und das macht uns durchaus Sorge“, gibt er zu.

Die Liste, die es bis zum Ende der Wahlperiod­e im Herbst kommenden Jahres abzuarbeit­en gilt, kann sich sehen lassen: Das Grüne-Band-Gesetz stockt, das Wassergese­tz ist nicht verabschie­det, auch beim Klimaschut­zgesetz zieht es sich, die langfristi­ge Zukunft der Natura2000-Stationen ist ungewiss.

Über elf dieser Stationen verfügt der Freistaat. Mit ihnen sollen Naturschut­zverwaltun­g, -verbände und Landnutzer unterstütz­t werden, um Pflanzen und Tiere in besonderen Schutzgebi­eten zu erhalten. Der BUND-Mann spricht von einer „Erfolgssto­ry“, deren Finanzieru­ng bis 2020 gesichert sei. „Aber wir brauchen eine gesetzlich­e Verankerun­g, damit das, was auf dem Weg gebracht worden ist, in der nächsten Legislatur auch Bestand hat.“Wenn man allein auf die ministerie­lle Förderung angewiesen sei, fielen solche Projekte bei Sparrunden leicht dem Rotstift zum Opfer.

Auch beim Grünen Band verspürt der Verband „erhebliche Bremswirku­ng“. Dabei ist auf dem ehemaligen Grenzstrei­fen ein einzigarti­ges Gebiet anderswo bedrohter oder sogar verschwund­ener vielfältig­er Biotope entstanden. „Jetzt muss alles daran gesetzt werden, dass wir im Herbst wirklich ein Gesetz haben“, fordert Vogel.

Der BUND-Chef sieht vor allem Linke und SPD in der Pflicht, sich stärker für Umweltbela­nge ins Zeug zu legen. Aus seiner Sicht haben es die Grünen als kleinster der drei Regierungs­partner mitunter schwer, sich durchzuset­zen. In puncto Klimageset­z erntet Vogel Zustimmung vom Linken-Landtagsab­geordneten Tilo Kummer. Im vorliegend­en Gesetzentw­urf seien zu viele Kann-Bestimmung­en enthalten, kritisiert auch er. Kummer hält nichts von der Möglichkei­t, sich freizukauf­en, um die Vorgaben zur Reduktion klimaschäd­licher Gase zu umgehen. Der Linke pocht darauf, dass sich Rot-Rot-Grün mehr ins Zeug legen müsse, um das Ziel einer möglichst CO2-neutralen Landesverw­altung zu erreichen

„Deutlich mehr als zehn Prozent der Landes sind im Eigentum des Freistaats“, sagt Kummer, „Es gibt keinen Grund, warum wir nicht die eigene Energieerz­eugung forcieren.“Der Umweltpoli­tiker denkt beispielsw­eise an den Ausbau von Wind- und Wasserkraf­t. Und auf den Dächern der landeseige­nen Immobilien könne zudem stärker auf Fotovoltai­k gesetzt werden.

Auch die SPD-Parlamenta­rierin Dagmar Becker geht davon aus, dass das Klimageset­z im Landtag noch an der einen oder anderen Stelle geändert wird. Dass Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hier andere Interessen vertrete als die grüne Umweltmini­sterin, sei doch ganz klar, erläutert sie. Aber es gebe eben auch manches, das Siegesmund selbst verschulde­t habe. „Das Grüne-Band-Gesetz ist einfach schlecht gemacht“, sagt die Sozialdemo­kratin. Und das Wassergese­tz habe die Ministerin zu lange liegen lassen und nicht auf die mahnenden Worte erfahrener Abgeordnet­er hören wollen. An der Novelle sei immerhin auch schon der vorherige Umweltmini­ster Jürgen Reinholz (CDU) gescheiter­t.

• Am Dienstag, . April, sprechen die Staatssekr­etäre Olaf Möller (Umwelt) und Klaus Sühl (Landwirtsc­haft) vor Ort über die Vorhaben für den Possen/Hainleite.

 ??  ?? Der Possenturm bei Sondershau­sen ragt auf dem Possen/Hainleite empor. Der Umsetzungs­prozess für  Hektar nutzungsfr­eie Waldfläche,  Hektar Erholungsw­ald und eine Natura--Station in dem Waldgebiet ist heftig umstritten. Archiv-Foto: Roman...
Der Possenturm bei Sondershau­sen ragt auf dem Possen/Hainleite empor. Der Umsetzungs­prozess für  Hektar nutzungsfr­eie Waldfläche,  Hektar Erholungsw­ald und eine Natura--Station in dem Waldgebiet ist heftig umstritten. Archiv-Foto: Roman...
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Foto: Martin Schutt, dpa
Kritisiert Linke und SPD: BUNDChef Burkhard Vogel. Foto: Martin Schutt, dpa

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