Thüringische Landeszeitung (Jena)
Drei wertvolle Buchstaben
Tabarz führt seit einem Jahr das Wort „Bad“im Ortsschild und freut sich über immer mehr Gäste
BAD TABARZ. David Ortmann läuft um den Schreibtisch und erzählt von Träumen. Zu seinen Wünschen zählt, nach Bad Tabarz zu ziehen. Das ist logisch, denn der 35-Jährige ist der Bürgermeister des Ortes. Der Wohnraum dort ist allerdings schon länger knapp. Und so lebt David Ortmann in Waltershausen – ebenfalls im Landkreis Gotha gelegen – und nimmt die wenigen Minuten Fahrzeit zur Arbeit „problemlos“in Kauf.
Seit 2014 sitzt der einstige Kurdirektor im altehrwürdigen Rathaus, fast mitten im Zentrum des Kneipp-Heilbades am Fuße des Inselsberges. Dieses führt seit rund einem Jahr drei Buchstaben auf dem Schild, das den Ort zu etwas Besonderem macht. Bad steht vor Tabarz. Das hat unter anderem dafür gesorgt, dass Briefköpfe, WegeFührungen und auch touristische Artikel der täglich geöffneten Informationsstätte geändert werden mussten. Auf Straßenkarten oder in Navigationsgeräten ist die Neuerung nur selten zu finden. „Aber das ist ja nur eine Frage der Zeit“, so Ortmann, der die Umbenennung als „gewichtig und wertvoll“bezeichnet. Weil sie in den Köpfen der Bürger etwas verändert hat. Zum einen seien die Ansprüche gestiegen, „da ruft schnell mal jemand erbost an, dass für ein Bad zu viel Unkraut und Dreck sichtbar wäre.“Zum anderen legen sich die Einwohner ins Zeug, „beispielsweise hatten wir wohl schon lange nicht mehr so reichlichen Blumenschmuck wie jetzt“.
Die Tabarzer packen mit an, um die Gemeinde im Thüringer Wald attraktiv zu gestalten. David Ortmann spricht von einem „guten Weg“und wartet mit Zahlen auf. Die Übernachtungen hätten stetig zugenommen – von 2013 (172000) bis 2017 (197500) sogar deutlich. Im Taufe-Jahr von Bad Tabarz um immerhin 3,6 Prozent.
Mario Peschke, Chef des VierSterne-Hotels „Zur Post“und der Drei-Sterne-Superior-Unterkunft „Hotel am Burgholz“, hat den Aufschwung auch gespürt, mehr Gäste als sonst haben gebucht. Die Werbung, die Vermarktung, sei jetzt einfacher. Überhaupt sei Bad Tabarz ein „toller Gemischtwarenladen“.
David Ortmann beschreibt die Vielfalt aus seiner Sicht: Sehens- Anwassern in historischen Badekleidern am Tretbecken der Arenarisquelle in Bad Tabarz. Archiv-Foto: Wieland Fischer
und hörenswerte Veranstaltungen im weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannten KuKuNa, dem Zentrum für Kur, Kultur, Natur. Die Anbindung durch die Thüringer Waldbahn. Dazu die Abwechslung im Erlebnisbad Tabbs, das mit seinen verschiedenen Angeboten nach 13 Jahren endlich aus der Insolvenz raus ist. „Seitdem haben wir schon über 500000 Euro reingesteckt. Und die nächste halbe Million an Investitionen ist bereits verplant.“Ein Vorteil,
so Ortmann, sei zudem die erstklassige Infrastruktur. Dazu zähle außer den 16 gastronomischen Einrichtungen vor allem die medizinische Versorgung. „Bei uns kommen auf einen niedergelassenen Hausarzt 700 Einwohner, anderswo 1800.“Zusätzlich seien in Bad Tabarz zwei große Kliniken vertreten. „Seit 2014 haben Reha-Patienten ein Wunsch- und Wahlrecht. Der Namenszusatz ,Bad’ spielt bei der Entscheidung für uns sicherlich oft eine Rolle.“Diese Bezeichnung hat das Innenministerium vergeben, Gutachten, Prädikate und Entwicklungspläne mussten vorgelegt werden. Das kann laut der Behörde geschehen, „wenn eine Gemeinde oder Ortsteile als Heilbad oder Kneippheilbad nach den Bestimmungen des Thüringer Kurortegesetzes anerkannt wurden.“Bei Bad Tabarz, dem ersten Thüringer Kneipp-Heilbad mit 400 Klinik- und 300 Hotelbetten, ist das der Fall. „Dieses Zertifikat wurde uns 2016 verliehen und ist zehn Jahre gültig. Das bedeutet zugleich, dass jährlich 700 000 Euro als Kurlastenausgleich fließen“, so Ortmann. Die nächste Überweisung erfolgt im Herbst.
Im Sinne von Pfarrer Sebastian Kneipp sei Bad Tabarz mit drei Bade-Ärzten eine Heimstatt der entsprechenden Gesundheitslehre, die auf den fünf Säulen Wasser, Bewegung, Ernährung, Heilpflanze, Lebensgestaltung beruht und auch in den Kindertagesstätten sowie Schulen der Gemeinde ihre Anwendung findet. „Wir sind ein großes Dorf mit kleinstädtischem Flair – und das mitten in der Natur“, beschreibt David Ortmann. Und dann rührt das SPD-Mitglied „mit einem Traumjob“noch mal richtig die Werbetrommel: „Viele Orte haben viel, wir haben alles.“
Bad Tabarz, das jahrelang keinen Haushalt hatte, sei „im Aufbruch“. Und genieße den Vorteil, eine „phänomenal gute Anbindung“an die Autobahn zu haben. „Sie ist nah und dennoch weit genug entfernt, dass sie nicht stört.“Immer mehr Menschen würden zudem feststellen, dass man auch vor der Haustür schwimmen, kneippen, wandern, klettern oder entspannen kann. Ideal ist, wenn dann noch die Unterbringung, die Kultur und die Gastronomie gut sind.
„In Bad Tabarz kann man sich richtig wohl fühlen“, sagt Mario Peschke. Er ist gebürtiger RandBerliner, der 1986 in die Gemeinde gekommen und dank des Miteinanders schnell heimisch geworden ist.
Im Gegensatz zu Ortmann wohnt er im 4000Einwohner-Ort. Doch der soll wachsen. „Deshalb lassen wir ein Gebiet, auf dem einst eine Fabrik stand, komplett bereinigen.“25 000 Quadratmeter sollen ab 2020 für Bauwillige, vor allem für junge Familien, in Bad Tabarz zur Verfügung stehen.
Auch David Ortmann ist sehr an diesem Projekt interessiert. Nicht nur als Bürgermeister ...
• Die Kneipp-Saison wird am Samstag, . Mai, ab Uhr mit dem Anwassern in der Arenaris-Kuranlage in Bad Tabarz festlich eröffnet.