Thüringische Landeszeitung (Jena)
Wie N.furzeri die Alternsforschung revolutioniert
Wissenschaftler des FritzLipmannInstituts in Jena haben das Genom des Fisches entziffert und analysiert
JENA. Wer hat sich diesen unaussprechlichen Namen nur ausgedacht? Nothobranchius furzeri, oder kurz: N.furzeri. Und was genau hat es damit auf sich?
Alessandro Cellerino kennt die Antworten. Zum einen ist N.furzeri ein Fischlein – genauer: ein Türkiser Prachtgrundkärpfling. Auf der anderen Seite ist der gerade einmal sechs Zentimeter lange Winzling ein bedeutender Modellorganismus. Für Wissenschaftler weltweit.
Im Jenaer Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) – hat man das Genom des Fisches, das ursprünglich aus dem fernen Ostafrika stammt, entziffert. Für diese Arbeit und die Untersuchung diverser biologischer Alterungsprozesse wurde das Forscherteam um Alessandro Cellerino und Christoph Englert für den Thüringer Forschungspreis nominiert.
Aber zurück zu N.fuzerie. Der Kärpfling ist derzeit das kurzlebigste Wirbeltier, das unter Laborbedingungen gehalten werden kann. „Der Fisch wächst und entwickelt sich extrem schnell – und altert quasi wie im Zeitraffer“, erklärt dazu Cellerino. Gerade einmal drei bis zehn Monate Lebenszeit sind N.furzeri vergönnt, nach nur sechs Wochen ist das Geschöpf bereits geschlechtsreif. Sein unaussprechliche Name ist übrigens auf den einstigen Entdecker Richard Furzer zurück zu führen, einem bekannten US-Aquarianer, der 1968 im heutigen Simbabwe fündig wurde.
Wie gesagt, als Forschungsobjekt ist der Fisch einfach unschlagbar. „Der Alterungsprozess des Wirbeltiers läuft ähnlich ab wie beim Menschen“, erklärt Cellerino. Aus diesem Grund wurde der Türkise Prachtgrundkärpfling auch als neuer Modellorganismus der biomedizinischen Alternsforschung am Leibniz-Institut in Jena etabliert. Neurobiologe Cellerino hatte das übrigens als einer der ersten vorgeschlagen – bereits vor 15 Jahren.
Und so konnten die Jenaer an N.furzeri bereits die verschiedensten (Alterungs-)Prozesse mitverfolgen, etwa die Verkrümmung der Wirbelsäule oder eine nachlassende Reaktionsfähigkeit. Auch das äußere Erscheinungsbild von N.furzeri verändert sich über die Zeit, er verliert nach und nach seine schillernde Farbe. Im Vergleich dazu: Auch die Haut des Menschen wird fahl und faltig.
In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus den USA wurde von N.furzeri eine sogenannte Genombibliothek erstellt, die seit 2015 allen Wissenschaftlern frei zur Verfügung steht. Und die Jenaer Datensätze werden eifrig genutzt. Beispielsweise konnte durch die Forscher gezeigt werden, dass Gene, die bei dem Fisch für das Altern eine Rolle spielen, auf den Chromosomen nicht zufällig verteilt, sondern in bestimmten Regionen gebündelt sind. „Diese sogenannten Hotspots lassen für uns den Schluss zu, dass die Gene in diesen Arealen miteinander verbunden sind – wenn sie an- und abgeschaltet werden“, so Cellerino.
Ob das Altern der Menschen bald gebremst werden kann? Für Cellerino hat diese Frage nur eine untergeordnete Bedeutung. „In erster Linie geht es darum, die Welt und alle ihre Geheimnisse zu ergründen – Stück für Stück“, erklärt der Wissenschaftler. Dafür sei sowohl das private als auch das berufliche Umfeld von entscheidender Bedeutung – „das Team und auch die finanzielle Ausstattung“.
Datensätze für Forscher frei zur Verfügung