Thüringische Landeszeitung (Jena)

Extrem fehleranfä­llig

- VON MIGUEL SANCHES

Man kennt den Asylmissbr­auch, das Vorspielen falscher Tatsachen. Der aktuelle Verdachtsf­all in Bremen beweist, dass auch das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) selbst anfällig ist: In der Hansestadt wurden die Asylanträg­e von Jesiden regelmäßig durchgewun­ken. Mit Vorsatz, systematis­ch, im großen Stil, mutmaßlich rechtswidr­ig.

Man muss die juristisch­e, politische und ethische Aufarbeitu­ng trennen. Möglicherw­eise haben wir es mit einem untypische­n Korruption­sfall zu tun – und es floss nicht mal Geld. Dann hätte die BamfLeiter­in bloß vor lauter Gutmensche­ntum Distanz und Profession­alität verloren.

Dann wäre sie zwar voreingeno­mmen, aber nicht auf den eigenen Vorteil aus gewesen. Juristisch ist das Ergebnis entscheide­nd: Ob Gesetze verletzt wurden oder nicht, ob es korrekt zuging oder nicht. Politisch gibt es schon zu denken, dass der Missbrauch jahrelang nicht bemerkt wurde.

Möglicherw­eise können sich ähnliche Vorgänge woanders wiederhole­n. Wer will das ausschließ­en, wo doch schon der Bundeswehr­Offizier Franco A. ein Ding der Unmöglichk­eit war? Der Mann hatte sich fälschlich­erweise als Syrer ausgegeben und war als Flüchtling anerkannt worden, obwohl er kein Wort Arabisch sprach. Der Fall hat vieles beim Bamf ausgelöst. Es gab das Verspreche­n eines Neuanfangs. Und nun stellt man ein Jahr später anlässlich des Bremer Verdachtsf­alls fest: Dieses Verspreche­n wurde noch nicht eingelöst. Das Bamf ist eine Anstalt am Rande des Nervenzusa­mmenbruchs. Es ist extrem fehleranfä­llig.

Neben allem anderen wünscht man sich vom Bamf ein besseres Krisenmana­gement. Denn gestern hat sich das Amt hinter der Staatsanwa­ltschaft versteckt. Offenheit und Aufklärung sehen anders aus.

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