Thüringische Landeszeitung (Jena)
Spahn fängt als Gesundheitsminister an
Nach provokanten Äußerungen zu Armut und Sicherheit legt der CDUPolitiker das erste Gesetz vor: Die Kassenbeiträge sollen spürbar sinken
BERLIN. Neue Minister überlegen sich gut, mit welchem Gesetz sie loslegen. Weil sie damit eine Botschaft verbinden können: Seht her, das ist meine Handschrift. Jens Spahn, seit fünf Wochen Gesundheitsminister, hat sich für einen unmittelbar spürbaren Eingriff entschieden. Der CDU-Politiker will zum 1. Januar 2019 die Arbeitnehmer bei den Kassenbeiträgen entlasten. Und er will dabei weit über den Koalitionsvertrag hinausgehen.
Drei Gesetzespakete will Spahn bis zur Sommerpause auf den Weg bringen: Die Krankenkassenbeiträge stehen am Anfang, später soll noch das Sofortprogramm zur Stärkung der Pflege und das Gesetz zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung folgen. Am Freitagmorgen stellte Spahn in Berlin seine Pläne für die Beitragssenkung vor. Sie bergen einigen Sprengstoff für die Koalition.
Der Kernpunkt ist zunächst unstrittig: Der Zusatzbeitrag für die gesetzliche Krankenversicherung, der bislang ausschließlich von den Arbeitnehmern getragen wurde, soll in Zukunft zur Hälfte wieder von den Arbeitgebern übernommen werden. Im Durchschnitt liegt er bei 1,0 Prozent des Bruttolohns, künftig müssten Beschäftigte dann nur noch 0,5 Prozent davon zahlen. Bei einem Bruttolohn von 3000 Euro blieben den Versicherten also pro Monat 15 Euro mehr im Portemonnaie. Nach demselben Prinzip sollen auch gesetzlich versicherte Rentner profitieren.
Spahn setzt hier den Koalitionsvertrag um. Gleichzeitig will der Minister auch etwas für rund 600 000 Selbstständige mit kleinem Einkommen tun: Der Mindestbeitrag für Taxifahrer oder andere Kleinunternehmer, die sich gesetzlich versichern wollen, soll halbiert werden. Der durchschnittliche Beitrag soll laut Entwurf künftig bei 171 Euro im Monat liegen. Nicht im Koalitionsvertrag steht dagegen Spahns Vorstoß, die Rücklagen der gesetzlichen Krankenkassen abzuschmelzen. Sein Plan: Die Finanzreserven einer Kasse sollen in Zukunft nicht mehr das Volumen einer Monatsausgabe übersteigen. Überschüsse sollen über drei Jahre abgebaut werden – etwa durch gesenkte Zusatzbeiträge. Der Koalitionspartner winkte gleich ab: „Die Idee überzeugt mich nicht“, sagte SPDFraktionsvize Karl Lauterbach dieser Redaktion. „Wir brauchen das Geld dringend für die Finanzierung der Pflege.“Die SPD werde den Vorschlag so nicht mittragen.