Thüringische Landeszeitung (Jena)
Feuerwehr beklagt zunehmende Angriffe
Verband: Immer häufiger sind Einsatzkräfte Pöbeleien und Beleidigungen ausgesetzt
ERFURT. Der Thüringer Feuerwehrverband wird am 4. Mai bei einer Veranstaltung im Landtag um mehr Respekt für Einsatzkräfte werben. „Wir wollen unseren Mitbürgern vor Augen führen, wie respektlos mit uns und unserer Arbeit umgegangen wird“, sagte Verbandschef Lars Oschmann bei der 90. Verbandsversammlung in Erfurt.
Das Problem, das er bereits im vergangenen Jahr angesprochen habe, habe sich weiter verschärft, betonte Oschmann. Es gebe bei Einsätzen nicht nur Gaffer, die auch noch HandyAufnahmen nebst beleidigenden Kommentaren zur Arbeit der Rettungskräfte ins Internet stellen. Im vergangenen Jahr sei bei einem Einsatz auch ein Fahrzeug der Feuerwehr Erfurt mit Graffiti besprüht worden und bei einem anderen Einsatz auf der A 71 bei Ilmenau ein Autofahrer nach einem Wendemanöver in der Rettungsgasse entgegen der Fahrtrichtung weitergefahren. „Solche Beispiele könnte ich beliebig weiter aufzählen“, sagte der Verbandschef und wies auf die Konsequenz hin: So mancher Ehrenamtliche quittiere deswegen den Dienst.
Der Verband befürworte deshalb die Strafverschärfung im Strafgesetzbuch, erwarte aber auch, dass es nicht nur bei der Androhung von höheren Strafen bleibt.
Der vor 150 Jahren gegründete Thüringer Feuerwehrverband ging zudem mit der Landesregierung kritisch ins Gericht: So halte er das Projekt zur Evaluierung des Katastrophenschutzes in dieser Legislaturperiode „für gescheitert“. Das Innenministerium habe sich in Gruppenarbeit verzettelt, ohne zu Ergebnissen zu kommen. Dadurch sei wertvolle Zeit verstrichen und die Gefahr groß, beim nächsten Hochwasser die gleichen Fehler zu machen wie 2013.
ERFURT. Jubiläum hin, Jubiläum her: So rechte Feierstimmung mochte zum Auftakt der Verbandsversammlung des 150 Jahre alten Thüringer Feuerwehrverbandes in Erfurt nicht aufkommen. Vorsitzender Lars Oschmann erinnerte zwar daran, dass im August 1868 im Gasthof „Zum schwarzen Bären“in Jena Feuerwehren aus insgesamt 13 Thüringer Orten den Landesverband aus der Taufe gehoben hatten – der Beginn einer Erfolgsgeschichte.
Doch das Jubiläumsjahr, das der Verband feiern will, verstellt nicht den Blick für die großen Probleme, vor denen die Thüringer Feuerwehren aktuell stehen und die der Verbandschef mit aller Deutlichkeit ansprach.
Dazu gehört nicht nur zunehmende Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften. Die Kameraden wurmt auch, dass sich das Innen- und das Bildungsministerium sowie die Kommunen derzeit die Verantwortung für die Brandschutzerziehung – mithin auch eine Möglichkeit, Respekt für Einsatzkräfte zu vermitteln – gegenseitig zuschieben.
Dabei war der Beschluss des Thüringer Feuerwehrverbands dazu nach Oschmanns Worten eindeutig: Die Brandschutzerziehung in den Landkreisen und kreisfreien Städten solle, wie vom Landkreistag initiiert – durch Hauptamtliche erfolgen, die wiederum von Grundschullehrern und den örtlichen Feuerwehren unterstützt werden.
Dort, wo das bereits funktioniert, sei die Zahl der Sechs- bis Neunjährigen in den Jugendfeuerwehren gestiegen. „Andere Behauptungen sind miese Stimmungsmache“, betonte Oschmann.
Um eine solche handele es sich auch bei der Debatte um neue Uniformen. Der Verbandschef erneuerte die Forderung nach einer zeitgemäßen Bekleidung für die derzeit etwa 33 000 aktiven Mitglieder. Diese solle aber nach und nach im Zuge der Neubeschaffung von Uniformen erfolgen und sei Sache der Kommunen, die bei der Finanzplanung entsprechende Prioritäten setzen müssten.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) stellte später in seiner Rede finanzielle Hilfen bei der Beschaffung neuer Uniformen in Aussicht. Zudem kündigte er an, die Voraussetzungen für einen neuen FeuerwehrDienstausweis im Scheckkartenformat schaffen zu wollen.
An Maiers Adresse richtete Verbandschef Oschmann auf der Versammlung zudem den Appell, die Investitionskosten für die Ertüchtigung des digitalen Funknetzes zu übernehmen und mit den kommunalen Aufgabenträgern ein Alarmierungsund Finanzierungskonzept zu erarbeiten, das auch die Betriebskosten einschließt. Denn allein sie beliefen sich auf zwei bis fünf Millionen Euro im Jahr, die die Kommunen im Alleingang nie aufbringen könnten. Die für eine Alarmierung der Einsatzkräfte notwendigen zusätzlichen Investitionen bezifferte Oschmann auf etwa „29 bis 60 Millionen Euro“. Hintergrund ist, dass die Feuerwehr in den nächsten Jahren komplett von Analog- auf Digitalfunk umgestellt werden soll. Vorsichtig optimistisch gab sich Oschmann in Bezug auf die Probleme bei der Landesfeuerschule in Bad Köstritz. Dort seien auch im vergangenen Jahr wegen Personalmangels viel zu wenige Lehrgänge angeboten worden. Der Verband hofft, dass die auf sein Drängen hin geschaffenen neuen Planstellen zeitnah für ein besseres Angebot sorgen.
Während der Verbandsversammlung gingen der Landesfeuerwehrverband und der Verband der Wirtschaft Thüringen, die Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt, die Handwerkskammer Erfurt, die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) und das Thüringer Innenministerium eine Kooperation ein: Die Wirtschaft, die die durch die Feuerwehren garantierte Sicherheit benötigt, wird die Feuerwehr unterstützen, indem sie beispielsweise Kameraden für Einsätze und Lehrgänge freistellt.