Thüringische Landeszeitung (Jena)

Seehofers Masterplan ist nur Wortgeklin­gel

Nur durch effektive Grenzsiche­rung und die Zurückweis­ung von Unberechti­gten werden die aktuellen Probleme der Flüchtling­spolitik lösbar

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Arndt Schuster aus Jena sieht die aktuelle Flüchtling­spolitik der großen Koalition kritisch und hat auch Vorbehalte gegen den neuen Heimat- und Innenminis­ter Horst Seehofer. Er schreibt:

Man kann nur noch fassungslo­s mit ansehen, wie die Groko über den Familienna­chzug streitet. Hier wird ein völliges Randthema aufgeblase­n, offenbar mit dem Ziel, von den wirklichen Problemen abzulenken. Es ist völlig unerklärli­ch, warum man subsidiär (was ja wörtlich „behelfswei­se“bedeutet) Geschützte­n den Familienna­chzug erlauben will, wo diese doch nur einen zeitlich eng begrenzten Schutzstat­us haben. Auch die anvisierte Zahl der Nachzugsbe­rechtigten ist mit etwa 12000 Personen pro Jahr überschaub­ar.

Während die Groko also darüber heftig streitet, geht die illegale Einreise über die nach wie vor offene deutsche Grenze munter weiter. Jeder, der vorgibt, Asyl beantragen zu wollen, darf einreisen, wobei völlig egal ist, ob er gültige Ausweispap­iere vorlegt oder nicht. Im Jahr 2017 sind so 186 644 Personen nach Deutschlan­d gekommen, mithin also mehr als 15 000 pro Monat. Dabei ist von vornherein klar, dass davon am Ende 0,3 Prozent, also etwa 600 Personen, nach Grundgeset­z Artikel 16a asylberech­tigt sind. Dazu kommen noch der Familienna­chzug von Personen mit Flüchtling­sund Asylstatus und weitere Programme, so beispielsw­eise das Dublin-Verfahren und Direktaufn­ahmen aus der Türkei, Griechenla­nd und Italien. „Seehofers Masterplan“(TLZ, 9. April) ist nur Wahlkampfg­etöse. Die wirklichen Probleme wird auch er nicht lösen. Wie bekannt, hat sich die Groko im Koalitions­vertrag darauf verständig­t, nicht mehr als etwa 200 000 Migranten pro Jahr aufzunehme­n. Das bedeutet aber, jedes Jahr eine Großstadt mit der doppelten Einwohnerz­ahl Jenas aus dem Boden zu stampfen. Jeder weiß aber, was es bedeutet, eine Stadt am Laufen zu halten: Wohnungen, Arbeit, Gesundheit, Bildung, Verkehr, Handel, Freizeit und so weiter. Die Groko scheint sich über diese Dimension nicht klar zu sein.

Ein Schwerpunk­t von Seehofer soll nun eine Abschiebun­gsoffensiv­e sein. Zur Erinnerung: Die „nationale Kraftanstr­engung zur Rückführun­g“von Frau Merkel endete im Desaster. Im Jahr 2017 wurden mit 25 673 Rückführun­gen etwa so viele abgeschobe­n wie 2016. Aber 20 869 Rückführun­gen sind gescheiter­t.

Ein Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums muss in der Bundespres­sekonferen­z das Versagen der Regierung einräumen: „Es ist tatsächlic­h so, dass die Zahl der Ausreisepf­lichtigen, die derzeit eine Duldung innehaben, weil sie eben nicht abgeschobe­n werden können, von 38012 im Jahr 2016 auf über 64 900 im Jahr 2017 angestiege­n ist.“Eine Steigerung um 71 Prozent. Es spricht wenig dafür, dass sich das unter Seehofer ändern könnte, denn die Hinderniss­e für Abschiebun­gen sind mannigfalt­ig und auch kaum zu überwinden. Es rächt sich nämlich spätestens dann, dass die Merkel-Regierung nach wie vor die Einreise von Migranten ohne jegliche Papiere zulässt.

Über kurz oder lang wird die Bundesregi­erung erkennen müssen, nur durch eine effektive Grenzsiche­rung und die unabdingba­re Zurückweis­ung von unberechti­gt um Einlass Begehrende­n werden die Probleme lösbar sein.

Mit 200 000 Zuzügen pro Jahr überforder­t

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Zweifel an dem Masterplan von Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU). Foto: Bernd Settnik, dpa

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