Thüringische Landeszeitung (Jena)
Vom Abschied verabschiedet
Deutschlandfunk Kultur setzt Wartburgkonzerte fort und modernisiert die Reihe – Die 61. Saison startet am Samstag
EISENACH. Die Staatskapelle Dresden machte den Anfang. Das Kammerorchester, das sich aus ihren Reihen soeben gebildet hatte, spielte im Festsaal des Palas Johann Sebastian Bach: h-moll Suite, Kaffee-Kantate, zweites Brandenburgisches Konzert.
Der Deutschlandsender übertrug den Abend als sein erstes Wartburgkonzert. Das war am 21. Juni 1958.
Bald sechzig Jahre später findet am kommenden Samstag die 389. Ausgabe der Reihe statt, präsentiert von Deutschlandfunk Kultur, wo die Aufzeichnung am 11. Mai zu hören ist.
Der Sender kündigt das so an: „Auch wenn die Wartburgkonzerte seit nunmehr 60 Jahren bestehen und somit in die Jahre gekommen sind, sind sie dennoch keineswegs angestaubt oder rückwärtsgewandt.“
Dabei waren es durchaus auch diese Attribute, die der Traditionsreihe in diesem Jahr ein Ende hätten setzen können. Es war immer schwieriger geworden, ausreichend Publikum zu begeistern. Neue Formate wurden längst diskutiert, eine Konzertreihe des Senders auf Wanderschaft durch ostdeutsche Städte zum Beispiel.
Das Publikum muss nicht mehr vom Fach sein
Das alles ist inzwischen vom Tisch. „Wir machen das weiter – und zwar mit ganz viel Wind und Dynamik“, sagte der Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue soeben gelegentlich eines Redaktionsgespräches. Nicht zuletzt sind ihm die Wartburgkonzerte „ganz wichtig“, um als nationaler Hörfunk der Länder auch in der Region präsent zu sein, anstatt „nur aus dem Radio zu kommen“.
Und dafür ist der Ort in Westthüringen ja eine Marke: die Wartburg als solche sowieso, ihr Festsaal erst recht. Seine trapezförmige Kassettendecke, die Weimars Großherzog Carl Alexander einst auf Vorschlag Franz Liszts einbauen ließ, sorgt für beste Akustik.
Hier hallte im vergangenen Jahr, „Das Echo der Reformation“nach, wie eines der fünf dem Reformationsjubiläum gewidmeten Wartburgkonzerte überschrieben war. Und das Echo darauf war ermutigend genug, um die Reihe, der in den beiden vergangenen Jahren eine Galgenfrist gewährt worden war, fortzusetzen. Dazu trug 2017 nicht zuletzt ein erfolgreicher Testlauf, einige Veränderungen betreffend. Waren die Konzerte bislang von „fachlastigen Texten eher musiktheoretischer Natur“begleitet worden, so DeutschlandradioSprecher Tobias Franke-Polz, probierte man nun eine Moderation aus, die sich zwischen den Konzertteilen Interviews mit den Musikern widmete. „Das kam so gut an, dass wir das nun weiterführen wollen.“
Überhaupt ist man darum bemüht, die Konzertreihe leichter zugänglich zu gestalten, nicht zuletzt mit einem neuen optischen Auftritt, den man intensiv plakatiert und in Werbeanzeigen verwendet. Außerdem hat man die Programme verjüngt, soweit es die Interpreten betrifft. Das trifft sich unterdessen mit einem durchaus nicht so neuen Konzept, an dem festgehalten wird: Musiker vorzustellen, die sich im europäischen Ausland bereits große Namen machten, in Deutschland hingegen noch weit weniger durchgesetzt sind. Sie treten mit speziell auf ihr Wartburgkonzert zugeschnittenen Programmen auf.
„Polnisch durch und durch“heißt jenes, mit dem Geiger Piotr Pławner, dem sein Förderer Yehudi Menuhin einst ein „außergewöhnliches Talent“bescheinigte, die 61. Saison eröffnet. Sein Klavierquintett spielt auch Chopin, aber vor allem Musik weitaus weniger bekannter polnischer Komponisten des 19. Jahrhunderts: Henryk Wieniawski, Stanislaw Moniuszko, Juliusz Zarębski.
Auch sonst liegt ein Fokus auf Musikern aus Osteuropa: mit dem ungarischen Cellisten László Fenyö , dem polnischen Geiger Zbigniew Pilch (Violine) und dem Barockorchester Wrocław sowie dem russischen Vokalensemble Intrada Moskau.
Deutschlandfunk Kultur plant derweil wieder langfristig: „Es gibt keine vertragliche Einschränkung, die die Laufzeit der Konzertreihe begrenzen würde“, heißt es auf Nachfrage.