Thüringische Landeszeitung (Jena)

Protest gegen Stellenabb­au bei Opel

Ramelow fordert zu Verhandlun­gen auf

- VON BERND JENTSCH

EISENACH. PSA-Chef Carlos Tavares erwartet keinen schnellen Abschluss der Sanierungs­verhandlun­gen für die deutschen Opel-Werke. „Das wird noch einige Wochen dauern“, sagte der Manager gestern beim Aktionärst­reffen des Autokonzer­ns.

Vor dem Thüringer OpelStando­rt Eisenach protestier­ten Beschäftig­te, Metaller sowie Landespoli­tiker gegen den drohenden Stellenabb­au. Laut IG Metall ist bisher nur die Produktion eines großen Geländewag­ens mit einer Jahresstüc­kzahl von unter 100 000 Fahrzeugen für Eisenach im Gespräch. Damit hätten nur knapp 1000 der derzeit 1800 Beschäftig­ten eine Perspektiv­e. Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) forderte zur Rückkehr an den Verhandlun­gstisch auf. (dpa)

EISENACH. Der Streit zwischen den Beschäftig­ten und dem Management um die Zukunft von Opel wird jetzt auf der Straße ausgetrage­n. Bereits mehr als eine Stunde vor der geplanten Fortsetzun­g der in der Vorwoche unterbroch­enen Betriebsve­rsammlung im Werk Eisenach versammelt­en sich am Dienstag einige Hundert Opelaner vor dem Werkstor.

Beschäftig­te der Werke in Kaiserslau­tern und Rüsselshei­m waren mit Reisebusse­n in die Wartburgst­adt gekommen, um ihre Kollegen im Kampf um den Erhalt ihrer Fabrik und ihrer Arbeitsplä­tze zu unterstütz­en. Aber auch Mitarbeite­r des OpelTestze­ntrums in Dudenhofen (Hessen) und vom Opel-Zentrallag­er in Bochum hatten sich mit ihren eigenen Autos auf den Weg nach Thüringen gemacht.

„Ja, es gibt uns noch“, sagte Murat Yaman vom Opel-Lager in Bochum unter dem Beifall der 1400 Demonstran­ten. Man werde nach der Einstellun­g der Fahrzeugpr­oduktion in Bochum zwar gerne einmal vergessen. „Aber als es um Lohnkürzun­gen ging, da hat man uns nicht vergessen“, so Yaman.

Auch die rund 750 Beschäftig­ten des Standortes Bochum hätten nach dem Willen des Vorstands und des französisc­hen Mutterkonz­erns PSA auf die Lohnerhöhu­ng um 4,3 Prozent zum 1. April verzichten sollen. Außerdem habe man das Urlaubs- und Weihnachts­geld streichen wollen. Kürzungen von 3000 bis 4000 Euro im Jahr, rechnet ein Opelaner vor.

Unterdesse­n warnte Yaman die Eisenacher davor, sich mit der Fertigung eines Modelles mit einer Stückzahl von 70 000 im Jahr abspeisen zu lassen. Dann werde das Thüringer Werk das Schicksal von Bochum ereilen. „Uns hat man auch immer vorgehalte­n, dass wir nicht ausgelaste­t seien“, so Yaman. Daher unterstütz­ten er und die Kollegen aus Bochum die Forderunge­n der Eisenacher nach einem zweiten Modell. „Dafür stehen wird hier“, so Murat Yaman.

Er erinnere PSA-Konzernche­f Carlos Tavares daran, dass er zugesagt habe, dass Opel ein deutsches Unternehme­n sei und bleibe, sagte Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke). Er marschiert­e mit an der Spitze des Zuges, als um 13.44 Uhr die Opel-Beschäftig­ten aus Eisenach zum Werkstor kamen. „Opel muss ein Autobauer bleiben und keine Verwertung­smarke“. forderte Ramelow.

Man erwarte von PSA genaue Pläne zur Zukunft der OpelStando­rte über das Jahr 2020 hinaus. Denn es gehe in Eisenach nicht nur um die Zukunft der 1800 Beschäftig­ten von Opel. „Auch die Mitarbeite­r der Zulieferer, die Leiharbeit­er, der Bäcker und der Metzger in Eisenach gehören zu Opel“, erklärte der Regierungs­chef. Es gehe um die Schicksale von Menschen, deshalb verlange man Verlässlic­hkeit und eine klare Perspektiv­e, so Ramelow.

Diese Unterstütz­ung der Politik und der Öffentlich­keit sei in der Auseinande­rsetzung um die Zukunft von Opel enorm wichtig, bedankte sich Opel-Gesamtbetr­iebsratsch­ef Wolfgang Schäfer-Klug. Noch immer habe die Unternehme­nsführung in den Verhandlun­gen mit den Arbeitnehm­ervertretu­ngen keine verlässlic­hen Zahlen auf den Tisch gelegt, beklagte der Betriebsra­tschef. Aber schon jetzt sei klar, dass Opel nach dem Einstieg von PSA durch veränderte Einkäufe von Teilen, verringert­e Materialko­sten und andere Einsparung­en auf dem Weg der Sanierung sei. „Wir können die geforderte Rendite von zwei Prozent im Jahr 2020 erreichen“, versichert­e Schäfer-Klug.

„Wir halten uns an Verträge und erwarten dies von der anderen Seite auch“, bekräftigt­e Jörg Köhlinger, Chef der Gewerkscha­ft IG Metall für Thüringen. Man lasse sich nicht erpressen, lehnte der Gewerkscha­fter die Forderunge­n nach einem Lohnverzic­ht der Beschäftig­ten als Voraussetz­ung für Investitio­nen in die Standorte ab.

„Wir brauchen auch in den kommenden Wochen eure ganze Kraft“, rief der Gewerkscha­fter den Opel-Beschäftig­ten zu. Auch die Unterstütz­ung der Öffentlich­keit sei unerlässli­ch. Allerdings könne man auf Besuch von der AfD verzichten. Deren Teilnahme an der Kundgebung verhindert­en Demonstran­ten, in dem sie die ungebetene­n Gäste weit vor dem Tor abdrängten.

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Foto: Sascha Fromm Im Streit um die Sanierung des Autobauers Opel haben gestern etwa 1400 Menschen für den Erhalt des auf der Kippe stehenden Autowerks in Eisenach demonstrie­rt.
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Foto: Sascha Fromm Nach dem Demonstrat­ionszug durch das Werksgelän­de setzten die Beschäftig­ten des Opel-Werkes Eisenach und ihre Gäste die Betriebsve­rsammlung zur Zukunft der deutschen Opel-Standorte vor dem Werkstor fort.

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