Thüringische Landeszeitung (Jena)
Mittwochs auf dem Weimarer Markt
Mitslal KifleyesusMatschie setzt auf Entwicklungshilfe durch Direktvermarktung
WEIMAR/JENA. Über glühenden Kohlen röstet Mitslal KifleyesusMatschie Kaffeebohnen. Damit zieht sie Blicke der Marktbesucher in Weimar auf sich – und lockt Interessierte an den Stand. Immer mittwochs kommt sie von Jena rüber. Der Kaffee ist für jene gedacht, die mit ihr zwanglos ins Gespräch kommen wollen – über ihre besondere Art der Entwicklungshilfe und ihre Direktvermarktung. Im Angebot hat sie Produkte aus Shea-Butter, hergestellt in Äthiopien von dort heimischen Bauern und Flüchtlingen aus Südsudan.
Ecopia heißt das Projekt der Frau mit dem Doktortitel, die sich einst um Internationale Waffenkontrolle kümmerte, ehe sie der Liebe wegen nach Thüringen kam – und die hier blieb, als ihre Ehe mit dem Politiker Christoph Matschie vor Jahren zerbrach. Mittlerweile sind ihre beiden Kinder dabei, flügge zu werden. Bei Sohn Felix ist bereits absehbar, wie sehr er sich für das Engagement der Mutter interessiert. Ein Jahr habe er dem Projekt in Äthiopien gewidmet, studiere nun in Zürich Biologie. „Er hat eine grüne Akademie gegründet“, sagt sie.
Die Idee zu Ecopia entstand vor zwölf Jahren. Inzwischen hat sie sich zum Ziel gesetzt, Naturprodukte herzustellen, die in Europa gut verkäuflich sind und bei denen der Export nicht zulasten der Äthiopier geht. Deshalb gehören Lebensmittel nicht zum aktuellen Angebot. Optimal nennt Kifleyesus-Matschie duftstofffreie Shea-Butter, die bei heller Haut gute Dienste leiste, die aber in Äthiopien unbekannt sei. 80 Prozent der Einnahmen sollen bei den Bauern bleiben, je zehn Prozent sind für Verpackung und Vertrieb eingeplant. Direktvermarktung sei deshalb so wichtig, weil auf anderen Wegen zu wenig bei den Herstellern in Äthiopien ankomme. Deshalb verweist Mitslal Kifleyesus-Matschie auch auf ihren eigenen Online-Shop.
Äthiopien zu präsentieren als ein Land, das europäischen Kunden etwas zu geben hat: Das treibt Mitslal Kifleyesus-Matschie an – nicht nur mittwochs in Weimar, sondern auch samstags in Jena auf dem Markt. Sie reist aber auch – wie am vergangenen Wochenende – bis nach Crimmitschau, wo unter dem Titel „Flechtwerk“der mitteldeutscher Korbmacher- und Pflanzenmarkt am dortigen Deutschen Landwirtschaftsmuseum in Schloss Blankenhain stattfand. In den nächsten zwei Jahren wolle sie in möglichst vielen deutschen Städten auf die Idee und das Angebot von Ecopia aufmerksam machen, sagt Mitslal Kifleyesus-Matschie: „Ich will zeigen, dass wir nicht hilflos sind bei dem, was in der Welt passiert.“
Sie hat ein großes Netzwerk in Äthiopien und Deutschland. Nicht nur auf Märkten sei sie präsent. Demnächst lehre sie in Jena Politikstudenten „Ethik moderner Technologie“– als Gastdozentin an der Uni.