Thüringische Landeszeitung (Jena)

Die vergessene­n Übersiedle­r von West nach Ost

Neue Ausstellun­g im DeutschDeu­tschen Museum Mödlareuth – Seitenwech­sel meist aus privaten Gründen

- VON UWE LANGE

MÖDLAREUTH. Aufnahmen der geglückten Fahnenfluc­ht des DDR-Grenzsolda­ten Conrad Schumann in Berlin oder der missglückt­en Flucht eines Peter Fechter, die Nachricht vom Überwinden der Grenze mittels eines selbstgeba­uten Heißluftba­llons oder auch die Bilder aus der Prager Botschaft – sie alle bezeichnet­e Robert Lebegern als „Bildikonen, die eigentlich jeder, egal ob er der Erlebnisge­neration angehört oder nicht, fest abgespeich­ert hat.“

Der Leiter des Deutsch-Deutschen Museums in Mödlareuth (Saale-Orla-Kreis) hatte diese Gedanken am Montag zur Eröffnung der neuen Sonderauss­tellung eingefloch­ten.

Das Thema ist spannend: Denn die Schau erzählt unter dem Titel „Wechselsei­tig – Rück- und Zuwanderun­g in die DDR 1949 bis 1989“die bislang kaum bekannte Geschichte jener Menschen, die aus der Bundesrepu­blik in die Deutsche Demokratis­che Republik übersiedel­ten. Tief im kollektive­n Gedächtnis verankert sei die Erinnerung an die schätzungs­weise vier Millionen Menschen, die die DDR in Richtung BRD verließen. Dem gegenüber stünden aber auch 500 000 Menschen, die im oben genannten Zeitraum in der Gegenricht­ung unterwegs waren. Schätzungs­weise deshalb, weil es nach Aussage von Eva Fuchsloche­r, sie ist eine der beiden Kuratoren, keine gesicherte­n Zahlen gibt und deshalb faktisch ein Mittelwert zwischen der Statistik der DDR und dem Statistisc­hen Bundesamt gebildet werden musste. Und hier wie da wurde zudem sehr unterschie­dlich gezählt.

„Wechselsei­tig“war bisher in der Erinnerung­sstätte Notaufnahm­elager Marienfeld­e, im Museum Pankow in Berlin sowie in der Gedenkstät­te Deutsche Teilung Marienborn zu sehen. „So weit südlich hatten wir es bisher noch nicht geschafft. Es freut mich wirklich sehr, dass wir die Ausstellun­g und das Thema hier in Mödlareuth nochmals einem größeren Publikum zugänglich machen können“, würdigte Eva Fuchsloche­r. Nach eigener Aussage waren sie und ihr Kollege Michael Schäbitz zunächst einmal fasziniert über den Fakt, dass es überhaupt Migration in einem nennenswer­ten Umfang in die DDR gegeben hat. Die meisten der bereits genannten gut 500 000 Männer und Frauen wechselten vor dem Mauerbau 1961 in die DDR. „Aber auch von 1961 bis 1989 gingen noch durchschni­ttlich fast 2000 Menschen im Jahr diesen Weg. Dabei seien Übersiedle­r aus politische­r Überzeugun­g aber in der Minderheit gewesen. Migration in die DDR habe überwiegen­d aus privaten und wirtschaft­lichen Motiven stattgefun­den.

• Zwischen . März und

. Oktober hat das Museum in Mödlareuth dienstags bis sonntags  bis  Uhr geöffnet.

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Foto: Uwe Lange Die meisten der etwa   Menschen, die von der Bundesrepu­blik in die DDR einwandert­en, wechselten vor dem Mauerbau  von West nach Ost. Die neue Ausstellun­g im Deutsch-Deutschen Museum von Mödlareuth macht dies zum Thema.
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Nachlesen kann man die Geschichte­n auch im nun erschienen­en Begleitbuc­h zur Ausstellun­g „Wechselsei­tig“.

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