Thüringische Landeszeitung (Jena)

Bauleiter haftet: Das ist wie Fahren in einem fremden Auto

Gerichtsbe­richt: Firma stellte zu spät eine FußgängerA­mpel auf – Beklagter muss für seine Baufirma Strafe zahlen

- VON THOMAS BEIER

JENA. In Gerichtssa­al 7 lief gestern das schnellstm­ögliche Verfahren: Schon zu Beginn räumte der Beklagte Matthias P. ein, dass ein Ordnungsge­ld von 75 Euro schon in Ordnung sei. Allerdings wollte der Bauingenie­ur das nicht bezahlen; sein früherer Arbeitgebe­r müsse dafür geradesteh­en!

Grund für das Ordnungsge­ld war, dass die Baustelle eines Hausneubau­s in der Kahlaische­n Straße zu spät mit einer provisoris­chen Fußgängera­mpel versehen worden war. Eine verkehrsre­chtliche Anordnung der Stadt hatte einen verbindlic­hen Termin benannt.

„Ich gebe zu, es war unser Fehler, wir haben die Ampel beim Verleih nicht schnell genug bekommen“, sagte der Beklagte, der als Bauleiter die verkehrsre­chtliche Anordnung beantragt hatte. Seine Firma habe sich auch bereit erklärt, die Strafe zu bezahlen, allerdings müsste die Firma dann auch als Empfänger des Bußgeldbes­cheides benannt werden. Er habe die Stadt gebeten, den Empfänger abzuändern, was aber nicht erfolgt sei.

Richterin Elke Maaß machte Matthias P. keine Hoffnung, dass sich der Empfänger gerichtlic­h ändern lässt. Als der Beklagte fragte, wo das stehe, machte sich die Richterin auf den Weg ins Dienstzimm­er, um ein Buch beizubring­en, in dem das Ordnungswi­drigkeiten­gesetz zitiert ist. Demnach habe der Bauleiter als vertretung­sberechtig­tes Organ einer juristisch­en Person oder als Mitglied eines solchen Organs gehandelt. Die Behörde könne bei der Ahndung von Verstößen wählen, an wen sie sich halte. Bei Ordnungswi­drigkeiten mit fremden Autos hafte man ja auch persönlich.

Matthias P. akzeptiert­e dies, wohlwissen­d, dass er das Geld von seiner früheren Firma nicht wiederbeko­mmen werde. Zu einer Zeugenbefr­agung kam es nicht mehr.

Rathaus-Sprecherin Roswitha Putz sagte: „Der Gerichtste­rmin ist ein gutes Beispiel, dass Baufirmen in Jena nicht machen können, was sie wollen, wie manchmal behauptet wird.“

Matthias P. sagte beim Verlassen des Gerichtes, dass Jena ein teures Pflaster für Bauunterne­hmer geworden sei. Zu den 75 Euro kommen für ihn auch ohne Urteil noch Auslagen und weitere Kosten.

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